Verteidigung:Kein Schiff wird kommen

Eine Fregatte bereitet Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen neuen Kummer: Durch immer neue Probleme wird der Termin für die Auslieferung verschoben.

Von Christoph Hickmann

Ursula von der Leyen hat derzeit eigentlich genug um die Ohren. Während sich hierzulande Menschen durch ihre Doktorarbeit wühlen, tobt in Afghanistan der Kampf um Kundus. Am Dienstag wartete dann noch jene Großbaustelle auf sie, die mitentscheidend dafür ist, ob ihre Amtszeit ein Erfolg wird: das Rüstungswesen.

Dessen Reform hat die Verteidigungsministerin angekündigt, was schon aus Selbstschutz überaus wichtig ist - schließlich kann man in ihrem Amt bislang jederzeit über einen Rüstungsskandal stolpern. Am Dienstag nun traf sich von der Leyen in vertraulicher Runde mit Staatssekretären, Abteilungsleitern und Projektverantwortlichen zum sogenannten Rüstungsboard. Dort wird nicht zuletzt wegen der Erfahrungen mit der Pleitedrohne Euro Hawk regelmäßig über die Risiken der wichtigsten Rüstungsprojekte geredet. Alles soll dort auf den Tisch - und das war wieder einiges.

Insgesamt 335 Risiken, heißt es im Ministerium, habe man in 18 Projekten identifiziert. Das klingt aus von der Leyens Sicht nicht gerade beruhigend, doch immerhin, heißt es weiter, habe man seit dem Rüstungsboard im März knapp 20 Prozent der bis dahin identifizierten Risiken abgestellt. Darüber hinaus könne man neue Risiken mittlerweile steuern. Verhindern aber kann man sie nicht. Das zeigte sich einmal mehr an einem Projekt, das bereits eine leidige Vorgeschichte hat: an der für die Marine bestimmten Fregatte der Klasse 125.

Ursprünglich sollte das erste Schiff dieser Klasse, die Baden-Württemberg, Ende 2014 ausgeliefert werden. Mittlerweile peilt man die Jahresmitte 2017 an, was unter anderem daran liegt, dass sich vor etwa drei Jahren die Brandschutzbeschichtung ablöste. Offenbar hatte man eine nicht geeignete Grundierung verwendet. Um den Schaden zu beheben, waren "umfangreiche Rückbaumaßnahmen erforderlich", heißt es lapidar in einem Gutachten über die wichtigsten deutschen Rüstungsprojekte. Die Folge des Schadens: acht Monate Verzögerung.

Hinzu kamen Probleme mit dem "Integrierten Leit- und Automationssystem Schiffstechnik" sowie mit dem Kabelzug. Am Dienstag kam nun in der Runde um von der Leyen die nächste Panne des Schiffes zur Sprache. Demnach gab es bereits im Juli einen internen Testlauf beim Hersteller Thyssen-Krupp Marine Systems, bei dem, so lautet grob zusammengefasst die Darstellung im Ministerium, das Getriebe unsachgemäß hochgefahren worden sei. "Das hätte so jedenfalls nicht passieren müssen", heißt es. Die Folgen: Ein Schaden an zwei Gleitlagern des Hauptgetriebes. Und weiterer Verzug? Da gehen die Einschätzungen noch auseinander. Mehr sollte laut Ministerium jedenfalls nun nicht mehr schiefgehen.

Der Hersteller wiederum bestätigt zwar den Vorfall an sich, doch ein Sprecher versichert: "Aus heutiger Sicht ergeben sich hieraus keine Verzögerungen der Terminplanung." Der Schaden sei "vollständig behoben", die Baden-Württemberg solle wie vorgesehen im Frühjahr 2016 ihre Probefahrt beginnen. Im Ministerium hofft man, dass es tatsächlich so kommt. Sollte es keine Verzögerung geben, heißt es dort jedoch leicht sarkastisch, "wäre das eher eine fröhliche Überraschung".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: