Verteidigung:Cyber-Krieg im Bundestag

Die SPD fordert die Einrichtung eines ständigen Unterausschusses, der sich mit der Sicherheit der IT-Systeme beschäftigt.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Die SPD fordert eine intensivere Befassung des Bundestags mit den Herausforderungen der Cyber-Kriegführung. "Für digitalisierte Gesellschaften ist die Sicherheit der IT-Systeme von überragender Bedeutung", sagte der sozialdemokratische Verteidigungsexperte Rainer Arnold der Süddeutschen Zeitung. "Die SPD-Bundestagsfraktion fordert daher die Einrichtung eines ständigen Unterausschusses Cybersicherheitspolitik beim Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages."

Ein solcher eigener Unterausschuss würde es nach Ansicht der SPD ermöglichen, sich eingehend mit komplexen Fragen auseinanderzusetzen, die durch die zunehmende Bedeutung des Themas entstehen. Im Bundestag gibt es unter anderem Unterausschüsse für Abrüstung, die Vereinten Nationen oder Fragen der Europäischen Union. Bereits im vergangenen Jahr hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) begonnen, die Bundeswehr für die Herausforderungen der Cyber-Kriegführung umzubauen. Dafür werden die bereits in der Truppe vorhandenen Cyber-Kompetenzen in einem eigenen Organisationsbereich gebündelt, außerdem sollen neue Spezialisten hinzukommen. Im vergangenen Jahr hatte die Bundeswehr in ihren IT-Systemen nach eigenen Angaben etwa 7200 Schadprogramme beseitigt und laut Ministerium an ihren zentralen Internetknoten etwa 71 Millionen "unberechtigte oder schadhafte Zugriffsversuche" erkannt. Etwa 8,5 Millionen davon habe man der Gefahrenstufe "hoch" zugeordnet.

"Der Bundeswehr kommt eine wichtige Rolle zu, um gemeinsam mit anderen Institutionen einen Schutz gegen Cyber-Angriffe von außen zu gewährleisten", sagte Rainer Arnold. "Vor dem Hintergrund der veränderten sicherheits- und verteidigungspolitischen Anforderungen durch Cyberangriffe wird deutlich, dass sich neben den technischen Fragen auch zahlreiche rechtliche und ethische Fragen stellen."

Der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil, zugleich Mitglied im Verteidigungsausschuss, sprach von "zahlreichen offenen Fragen", was etwa das Völkerrecht angehe. Zwar könnten hier viele bestehende Regelungen auf den Cyberraum angewendet werden, doch zugleich müsse vieles neu diskutiert werden. Zudem stelle sich die Frage, "wie die bestehenden Vorgaben auf die digitale Welt übertragen werden" könnten. "So muss beispielsweise geklärt werden, ob es angesichts der Herausforderungen der Cybersicherheitspolitik einer Änderung des Auftrags der Bundeswehr und des verfassungsrechtlichen Rahmens für Auslandseinsätze geben muss", sagte Klingbeil. Außerdem sei "noch weitgehend ungeklärt", wie man "die Parlamentsrechte im Cyber- und Informationsraum" sicherstellen könne, also die Beteiligung des Bundestags zu garantieren wäre.

71 Millionen unberechtigte Zugriffsversuche an zentralen Internetknoten

In einer Runde der Verteidigungs-Obleute aller Fraktionen hatte SPD-Mann Arnold kürzlich bereits einen Vorstoß für die Einrichtung eines Unterausschusses Cybersicherheitspolitik unternommen. Die Vertreter der anderen Fraktionen, also auch des Koalitionspartners Union, lehnten das Vorhaben aber aus unterschiedlichen Gründen ab. Arnold will nicht lockerlassen. Er verwies im Gespräch mit der SZ darauf, dass auch die Nato den "Cyber- und Informationsraum" als einen "eigenen Operationsraum" behandle. Mit einem Unterausschuss könne man die anstehenden "hochkomplexen Fragen" klären und zudem "Transparenz" sicherstellen.

Die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger lehnt das Vorhaben ab. "Das Thema gehört primär in den Bereich der Innenpolitik, dort sollten dann auch die bundeswehrrelevanten Themen behandelt werden, gern in intensiver Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsausschuss", sagte sie. Es habe "wenig Sinn, diesen Bereich isoliert von anderen hochrelevanten IT-Fragen zu debattieren". Um die parlamentarische Kontrolle über etwaige Offensivoperationen der Bundeswehr zu gewährleisten, könne man auf bewährte Formen der Unterrichtung zurückgreifen, wie es sie etwa zu Einsätzen der Spezialkräfte gebe.

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