Vermittlung im Gaza-Konflikt:Erwünschte Europäer

Vermittlung im Gaza-Konflikt: Ein palästinensisches Kind sitzt inmitten der Trümmer eines zerstörten Hauses im südlichen Gazastreifen.

Ein palästinensisches Kind sitzt inmitten der Trümmer eines zerstörten Hauses im südlichen Gazastreifen.

(Foto: AFP)

Die Offerte aus Berlin, Paris und London im Gaza-Konflikt stärker einzugreifen, findet auch bei den Konfliktparteien Zustimmung. Israel erhofft sich Geld von der EU für den Aufbau des Gazastreifens. Fraglich ist aber, ob die Hamas eine Rückkehr der Palästinensischen Autonomiebehörde akzeptieren würde.

Von Stefan Braun, Berlin und Javier Cáceres, Madrid

Das Angebot Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens, sich zur Lösung des Gaza-Kriegs stärker in der Region zu engagieren, ist am Donnerstag bei den Konfliktparteien wie bei deutschen Politikern auf Zustimmung gestoßen. Berlin, London und Paris hatten den Vertretern Israels, der Palästinenser und der Ägypter zu Beginn ihrer Gespräche über eine dauerhafte Waffenruhe für den Gazastreifen diesen Vorschlag unterbreitet.

Er sieht vor, die 2007 gestoppte EU-Grenzmission Eubam am Grenzübergang Rafah zu reaktivieren. Außerdem könnte nach einer Einigung über eine Waffenruhe eine vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Monitoring-Gruppe im Gazastreifen stationiert werden. Diese könnte überprüfen, ob ein neuerlicher Waffenschmuggel tatsächlich verhindert wird. Auch könnte sie beobachten, ob im Gegenzug durch eine allmähliche Öffnung der Grenzen ein Wiederaufbau des Landstreifens und eine Verbesserung der Lebenssituation der knapp zwei Millionen Menschen dort eintritt.

Voraussetzung dafür, so heißt es in dem Vorschlag weiter, sei eine Rückkehr der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) als Ordnungsmacht im Gazastreifen. Die ersten Reaktionen fielen von allen Seiten vorsichtig positiv aus. Das größte Problem haben die Palästinenser. Ihre Verhandlungsdelegation wird in Kairo zwar von Vertretern der Palästinensischen Autonomiebehörde unter Mahmud Abbas angeführt. Noch aber ist nicht sicher, ob die Hamas tatsächlich bereit ist, einer Rückkehr der PA-Autorität nach Gaza und an seine Grenzen zuzustimmen. Die Hamas hatte die PA von Abbas 2007 nach schweren Kämpfen vertrieben. Seither sitzt er in Ramallah und vertritt nur die Palästinenser in der Westbank. Allerdings hat die Hamas ihren Tausenden Angestellten im Gazastreifen seit Monaten keine Gehälter mehr bezahlen können. Deshalb ist der Druck auf sie groß, Zugeständnisse zu machen.

Israels Regierung signalisierte am Donnerstag Unterstützung. Außenminister Avigdor Lieberman sagte der Bild-Zeitung, Deutschland als Führungsnation in Europa spiele eine entscheidende Rolle im Gaza-Konflikt - gerade mit Blick auf den Vorschlag für Grenzkontrollen und eine spätere Monitoring-Mission. "Deutschland und die EU müssen Inspektoren nach Gaza entsenden, um den Handel der Palästinenser mit den Nachbarländern zu kontrollieren." Zugleich freilich betonte Lieberman, dass sich die EU auch massiv beim Wiederaufbau beteiligen müsse. Das heißt: mit Geld.

Vermittlung im Gaza-Konflikt: Palästinenser vor ihrem zerstörten Haus. Sie suchen Zuflucht vor der Hitze unter einem improvisierten Stoffdach.

Palästinenser vor ihrem zerstörten Haus. Sie suchen Zuflucht vor der Hitze unter einem improvisierten Stoffdach.

(Foto: Marco Longari/AFP)

Europa hat noch keine einheitliche Position gefunden

Denkt man das mit, dann kommt Liebermans Unterstützung für die maßgeblich in Berlin geborene Idee wenig überraschend. Zumal Israels Chefunterhändlerin Zipi Livni vor einer Woche eine ähnliche Idee lanciert hatte. Ihr Signal: Auch Israel habe eingesehen, dass man nach dem Konflikt nicht mehr mit einem weiter total blockierten Gazastreifen weitermachen kann. Darum wissend hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Idee forciert, auch in Gesprächen mit Livni. In Deutschland unterstützten führende Sozial- und Christdemokraten am Donnerstag die Idee. In einer ARD-Umfrage sprachen sich allerdings 69 Prozent der Befragten gegen ein größeres Engagement in Gaza aus.

Widerstände könnte es zudem nicht nur in Deutschland geben: Auch der EU ist es bislang selten gelungen, mit Blick auf den Nahost-Konflikt eine einheitliche Position zu finden. Immerhin hatten die EU-Außenminister der Idee diesmal am 20. Juli im Grundsatz zugestimmt.

Doch wie dünn der Konsens noch ist, zeigte sich zu Beginn der Woche. Da war ein Brief von Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo an die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bekannt geworden. Darin forderte er Ashton dezidiert auf, im Namen der EU mehr Initiative zu zeigen. Das konnte man durchaus als Aufforderung lesen, Ashton möge endlich etwas gegen die Initiativen aus Berlin oder Paris unternehmen. Zudem hat Spaniens Regierung Waffenlieferungen nach Israel vorläufig ausgesetzt. Dabei handelt es sich nicht um große Mengen, das Signal ist trotzdem eindeutig. Noch gibt es eben große Meinungsunterschiede in der EU, welche Rolle die Gemeinschaft im Nahen Osten spielen könnte. In Berlin hieß es denn auch, Steinmeier, der eigentlich im Urlaub in Südtirol ist, werde die nächsten Tage sehr viel telefonieren müssen. Das bezog sich nicht nur auf Israelis und Palästinenser.

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