Verkehr:Öko-Spediteure

Lasten-Fahrräder sind sehr gefragt, besonders mit Elektroantrieb.

Von Titus Arnu

Auf der "Eurobike" in Friedrichshafen sind abgefahrene Konstruktionen zu bestaunen. Die größte Fahrradmesse der Welt präsentiert derzeit in der "Cargo Area" die neuesten Lastenräder, etwa ein Modell für Jäger: Das "Hunter Bike" ist mit einer "Wildwanne" ausgestattet, in der die Beute emissionsfrei abtransportiert werden kann; die Tarnfarbe des Rads soll dabei helfen, "eins mit dem Wald zu werden". Das Modell "Babboe Dog" dagegen ist für Lebendtransporte von Tieren gedacht: Über eine ausklappbare Rampe können altersschwache Hunde zur bequemen Gassifahrt einsteigen. Apropos große Klappe: Das "Beat-Bike" verfügt über fette Boxen und Mikrofon, das "Eventlastenrad" ist für Demos und Firmenfeiern gedacht. Am populärsten aber sind schicke Öko-Kisten mit Elektroantrieb für den Kleinkindtransport.

Fast ein Fünftel aller in Deutschland verkauften Fahrräder haben mittlerweile einen Elektromotor. Laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) kauften Verbraucher in Deutschland im Jahr 2017 für knapp 2,7 Milliarden Euro neue Räder, davon 720 000 E-Bikes, 19 Prozent mehr als 2016. E-Lastenräder sind besonders gefragt, denn deren Anschaffung wird seit März 2018 staatlich gefördert. Wenn das Transportvehikel gewerblich genutzt wird, übernimmt der Staat 30 Prozent der Kosten, bis zu 2500 Euro je Vehikel. Einzelne Kommunen haben Förderprogramme auch für Privaträder aufgelegt. München bezuschusst den Kauf von privat genutzten Lasten-Pedelecs, in Heidelberg, Regensburg, Bonn und Hamburg gibt es ähnliche Programme. In Zeiten von Diesel-Fahrverboten sehen die Kommunen darin eine Möglichkeit, die Innenstädte von Autoabgasen zu entlasten.

Bei Elektroautos gelten Kaufprämien als Flop, bei Lastenrädern ist das anders. In Berlin wurde der Senat gerade von einer Antragswelle überrollt. Wenige Stunden nach dem Start für die Lastenrad-Prämie von bis zu 1000 Euro war das Budget für privat genutzte Räder ausgeschöpft. Prompt steht der Senat in der Kritik, weil er angeblich Luxusgüter für Hipster subventioniert. "Die Lastenfahrräder sind die SUVs unter den Rädern", schimpft ein Normalradler auf Twitter und bezweifelt, dass es genügend Stellplätze in den Innenstädten für die breiten Karren gibt. Ein anderer mokiert sich darüber, dass Berlin Steuergelder verschenke, damit "irgendwelche gut verdienenden Prenzlauer-Berg-Eltern sich ein Lastenrad kaufen können - und irgendwo in Brandenburg kommt der Bus jetzt nur noch einmal am Tag, weil es sonst zu teuer wäre".

Das klingt stark überdreht, zumal der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs bei fast allen Verkehrswende-Konzepten mit dazu gehört. Und auch auf dem Land gibt es E-Bike-Förderprogramme, die sehr gut angenommen werden. Die Stadt Sonthofen zahlt bis zu 800 Euro für ein E-Lastenrad, die Nachfrage ist hoch. Und es geht nicht nur um Prenzelberg-Hipster und ihre Kita-Kutschen. Die Deutsche Post setzt bundesweit bereits 1500 E-Trikes (Dreiräder mit Elektro-Unterstützung) ein. Auch Handwerker, Pizza-Lieferdienste und Kleingewerbe könnten vom umweltfreundlichen Transportvehikel profitieren. Das Jäger-E-Bike mit Wildwanne wird dagegen wohl eher ein Spezialfall bleiben.

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