Verkehr:Diesel soll Steuervorteile verlieren

Das Umweltbundesamt verlangt drastische Schritte, um Dieselfahrzeuge aus Städten zu verdrängen und so die Luft zu verbessern. Es sollen Vergünstigungen gestrichen und Fahrverbote verhängt werden.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Das Umweltbundesamt verlangt drastische Schritte, um schmutzige Dieselfahrzeuge aus deutschen Städten zu verdrängen. "Wenn wir saubere Luft haben wollen, muss sich die Fahrzeugflotte ändern", sagte Behördenchefin Maria Krautzberger am Donnerstag in Berlin. Andernfalls würden an besonders belasteten Straßen die europäischen Grenzwerte etwa für Stickoxide erst 2030 eingehalten.

Konkret verlangt die Behörde, die dem Umweltministerium untersteht, ein Ende von Steuerprivilegien für Dieselautos und eine neue Plakette, analog zur geltenden Feinstaub-Plakette. So müsse der Dieselsteuersatz "nach und nach dem von Benzin" angepasst werden, forderte Krautzberger. Diesel ist traditionell günstiger als Benzin, weil die Mineralölsteuer niedriger ist. Ursprünglich sollte das vor allem Berufsfahrzeugen nutzen, etwa Speditionen und Taxifahrern. Durch den Dieselboom der vergangenen Jahre profitieren aber zunehmend Privatleute davon. Während auf den Liter Benzin mehr als 65 Cent Steuern zu zahlen sind, entfallen auf den Liter Diesel 18 Cent weniger. Diese Privilegierung koste den Staat jährlich sieben Milliarden Euro, rechnet das Umweltbundesamt vor. Sinnvoll sei es allerdings, zunächst nur für Privatautos die Steuersätze anzuheben.

Auch sollen die Städte leichter Fahrverbote gegen alte Diesel-Fahrzeuge verhängen können. Bislang können sie dies schon mit den sogenannten Umweltzonen, die nur von Autos mit Rußpartikelfilter befahren werden dürfen. "Saubere" Fahrzeuge erhalten derzeit eine grüne Plakette, die allerdings noch nichts über deren Stickoxid-Emissionen aussagt. Dazu brauche es eine neue, andersfarbige Plakette. Sie könnte für Fahrzeuge vergeben werden, die bereits den strengen Stickoxid-Standard der Euro-6-Norm einhalten. Politisch sei das schwer umzusetzen, weil sich ältere Fahrzeuge kaum nachrüsten lassen, räumte Krautzberger ein. "Wir werden aber nicht darum herumkommen, auch alte Diesel aus den Umweltzonen herauszuholen." Stickoxide gelten als gesundheitsgefährlich, sie machen vor allem Menschen mit Atemwegserkrankungen zu schaffen. Im Zuge des Abgasskandals bei Volkswagen hatte sich herausgestellt, dass viele Autos mehr Stickoxide emittieren als angegeben.

Mehrere Umwelt- und Verkehrsverbände legten deshalb am Donnerstag einen eigenen Vorschlag für die Reform der Typzulassung neuer Autos vor. Künftig müssten die Hersteller verbindlich erklären, alle Grenzwerte nicht nur im Labor, sondern auch auf der Straße einzuhalten. Dies lasse sich dann stichprobenartig kontrollieren. Verspreche ein Hersteller mehr als sein Fahrzeug hält, müsse er hart bestraft werden. "Uns interessiert einzig die tatsächliche Emissionsminderung der Fahrzeuge", sagte Dietmar Oeliger, Verkehrsexperte beim Naturschutzbund Nabu. "Fantasiewerte auf dem Prüfstand" brächten niemanden weiter. Derweil beschloss das EU-Parlament in Straßburg die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Er soll klären, was Kommission und Mitgliedstaaten über manipulierte Abgastests vorab wussten.

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