Verhandlungen über Irans Atomprogramm:Letzter Versuch in Moskau

Die fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschland verhandeln mit Iran über dessen umstrittenes Atomprogramm. Das Land besteht auf sein Recht, Uran anzureichern und fordert eine Aufhebung der Sanktionen. Aber der Westen bleibt hart. Vermitteln kann jetzt nur noch Russland.

Paul-Anton Krüger

Geschäftsmäßig ist ein recht unverfängliches Wort, um die Atmosphäre bei schwierigen Verhandlungen zu beschreiben. Michael Mann, der Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton bemühte am Montagmittag eben dieses Attribut, um den Auftakt der Atomgespräche der fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands mit Iran zu charakterisieren.

Irans Atomunterhändler Dschalili in Peking.

Irans Atomunterhändler Said Dschalili.

(Foto: dpa)

Das auf zwei Tage angesetzte Treffen im Moskauer Hotel "Goldener Ring" ist womöglich der letzte Versuch, eine diplomatische Lösung in dem seit fast zehn Jahren schwelenden Konflikt zu finden. Diplomaten aus mehreren Delegationen deuteten an, dass der Prozess ohne konkrete Antworten der Iraner auf konkrete Angebote wohl am Ende wäre. Wie gespannt das Klima wirklich ist, machte ein iranischer Emissär deutlich: Unüberhörbar orakelte er, die Gespräche könnten noch am Montagabend zu einem Ende kommen - dann zweifellos ohne Ergebnis.

Die Positionen haben sich seit den Verhandlungen in Bagdad Ende Mai nicht angenähert, eher im Gegenteil. Iran hat seine als "Fünf-Punkte-Plan" bezeichneten Forderungen sogar nochmals deutlich ausgeweitet und verlangt jetzt ausdrücklich eine Aufhebung der Sanktionen. Zumindest den westlichen Delegationen gelten diese jedoch gerade als das Druckmittel, das Iran überhaupt erst an den Verhandlungstisch gebracht hat. Zugleich beharrt Teherans Unterhändler Said Dschalili darauf, der Westen müsse das "unveräußerliche Recht" seines Landes auf Urananreicherung anerkennen.

Für die P5+1 genannte Verhandlungsgruppe ist dies aber allenfalls am Ende eines Prozesses vorstellbar, in dem Iran jeden Verdacht ausräumt, sich zumindest die Möglichkeit zum Bau von Atomwaffen zu schaffen. Diese Sicht kann sich immerhin auf die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates stützen, die Iran schlicht als "illegal" abtut. Den Anfang muss daher aus der Sicht der P5+1-Gruppe Teheran machen: Als ersten Schritt soll das Regime die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent einstellen und das produzierte Material außer Landes bringen.

Das würde zugleich bedeutend, den Betrieb der unter einem Bergmassiv verbunkerten Anreicherungsanlage Fordow zu stoppen. Im Gegenzug würde das Land Brennelement für seinen Forschungsreaktor in Teheran erhalten, sowie Hilfe beim sicheren Betrieb dieser Anlage und auch des Kernkraftwerks in Buschir. Zudem umfasst das Angebot Ersatzteile für die alternde Flotte westlicher Verkehrsflugzeuge, die Iran betreibt.

Helfen kann jetzt nur noch Russland

Gewisse Hoffnungen, die weit auseinanderklaffenden Positionen doch noch zu überbrücken, liegen auf den Russen. Zu einen haben sie sich mit der Ausrichtung der Gespräche, die erstmals in einem der teilnehmenden Länder stattfinden, den Prozess politisch in gewissem Maße zu eigen gemacht. Ein Scheitern wäre auch ein Blamage für das Gastgeberland.

Zudem verbinden Moskau und Teheran im Nahen Osten gewisse gemeinsame Interessen - vor allem die Zukunft Syriens. Präsident Baschar al-Assad ist einer von Teherans wenigen Verbündeten in der Region, und die Russen haben es sich mit vielen Arabern auf Jahre verdorben, weil sie aus strategischen Erwägungen dem Regime noch immer den Rücken freihalten und es vor UN-Sanktionen bewahren.

Iran hat die Situation in Syrien und Bahrain unter der Überschrift "regionale Stabilität" zu einem seiner fünf Punkte gemacht. Das lässt vermuten, dass das Thema vergangene Woche beim Besuch von Außenminister Sergej Lawrow in Teheran eine Rolle gespielt haben dürfte - und in Moskau Vereinbarungen ins Spiel kommen könnten, die nicht im Hotel Goldener Ring getroffen werden. Dschalili sollte am Abend den Chef des russischen Sicherheitsrates treffen, Nikolaj Patruschew. Und nicht zuletzt ist Russland Lieferant des bisher einzigen iranischen Atomkraftwerks, dem weitere Meiler folgen könnten.

Allerdings hat auch Russland kein Interesse daran, das an seinen Grenzen ein weiterer Atomwaffen-Staat entsteht. Verhandlungsführer und Vize-Außenminister Sergej Riabkow betonte, dass es in Moskau Fortschritte bei der 20-Prozent-Anreicherung geben müsse. Die Nacht haben die Diplomaten noch Zeit, daran zu arbeiten. Beide Seiten vereinbarten zumindest, ihre Gespräche an diesem Dienstag fortzusetzen.

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