Verhandlungen über Freihandelsabkommen:Oettinger gegen Gabriel - wer hat Ceta verbockt?

Günther Oettinger/Sigmar Gabriel TT

Schieben sich gegenseitig die Schuld an der Ceta-Zitterpartie zu: Günther Oettinger und Sigmar Gabriel

(Foto: dpa)

"Wollen wir jetzt noch den Kirchengemeinderat von Biberach befragen?" Der EU-Kommissar kritisiert die Kanada-Reise des SPD-Chefs und den Parteikonvent zum Freihandelsabkommen. Gabriel kontert umgehend.

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel wegen seines Vorgehens in den Ceta-Verhandlungen scharf kritisiert. Kanada zweifle an der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, sagte Oettinger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Schuld seien die EU-Mitgliedstaaten, die das Thema an sich ziehen wollten."Dass Minister einzelner Mitgliedstaaten zu Verhandlungen nach Kanada reisen, ist absurd. Der deutsche Wirtschaftsminister Gabriel hat das gemacht. Genau den meine ich."

Oettinger sagte, er könne nicht verstehen, "dass die deutschen Sozialdemokraten einen Parteikonvent abhalten und eine Mitentscheidung bei Ceta beanspruchen". Er fügte an: "Wollen wir jetzt noch den Kirchengemeinderat von Biberach befragen?"

Gabriel war Mitte September kurz vor dem SPD-Konvent nach Kanada gereist, um in Gesprächen mit der dortigen Regierung Verbesserungen an dem Abkommen zu erreichen. Eigentlicher europäischer Verhandlungsführer ist die EU-Kommission.

Gabriels wirft einigen Kommissaren Ignoranz vor

Gabriel konterte am Samstag: "Es ist die Ignoranz mancher Vertreter der Europäischen Kommission gegenüber den Fragen und Sorgen in der Bevölkerung, die den Abschluss von Abkommen wie Ceta so schwierig gemacht haben und weiterhin schwierig machen." Deutschland habe mit seinen Gesprächen etwa in Kanada "überhaupt erst dafür gesorgt, dass Ceta einigungsfähig wird. Am wenigsten dafür getan hat die EU-Kommission selbst."

Am Freitagabend hatte Oettinger nach einem Bericht des Schwarzwälder Boten bei einer Veranstaltung im Schwarzwald gesagt: "Wir machen uns lächerlich, wenn die kanadische Handelsministerin mit dem Chef einer Provinzregierung in Wallonien verhandeln muss."

Das Freihandelsabkommen Ceta, das am kommenden Donnerstag unterzeichnet werden soll, steht vor dem Scheitern. Grund ist das Nein der belgischen Region Wallonien, ohne deren Zustimmung die Regierung in Brüssel das Abkommen nicht unterzeichnen kann. Die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland hatte am Freitagnachmittag die Verhandlungen mit Wallonien abgebrochen und ihren Heimflug angekündigt. Am Samstagmorgen traf sie sich dann doch noch mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, der der SPD angehört. Angeblich hatte Gabriel die kanadische Ministerin in der Nacht überzeugt, doch nicht zurückzufliegen.

Schulz traf sich im Anschluss an sein Gespräch mit Freeland auch mit dem wallonischen Premier Paul Megnette. Der Parlamentspräsident äußerte sich nach dem Treffen optimistisch, dass eine Lösung gefunden werden könne.

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