Griechenland :Letzte Chance 

Athen muss bis Donnerstag in Brüssel präzise Reformvorschläge vorlegen, um Hilfe zu erhalten. Alle 28 EU-Staaten entscheiden am Sonntag bei einem Gipfel, wie es mit dem Land weitergeht.

Die Euro-Staaten geben Griechenland eine letzte Chance zum Verbleib in der Währungsunion. "Die endgültige Frist endet diese Woche", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach einem Sondergipfel am Dienstagabend in Brüssel. Die Regierung in Athen soll bis spätestens Donnerstag detaillierte Reformen vorlegen. Am Samstag tagen dann die Finanzminister der Euro-Gruppe. Für Sonntag wird ein Sondergipfel der 28 EU-Staaten einberufen. "Leider können wir ein schwarzes Szenario nicht ausschließen", warnte Tusk. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte umfassende Vorschläge vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. "Es muss mehr sein, als im Vorschlag der drei Institutionen stand", sagte sie. "Sie sehen mich hier nicht sehr optimistisch. Die Situation ist vergleichsweise ernst", fügte sie hinzu. Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi sagte, er halte eine Lösung bis Sonntag für möglich. Notwendig seien aber Ideen für ganz Europa. "Wir müssen in Wachstum und Ideen investieren", forderte er. Tsipras sah sich durch den Sieg seines Nein-Lagers im Referendum von Sonntag gestärkt. Anders als ursprünglich angekündigt, erschien er ohne Reformvorschläge in Brüssel. Er stellte lediglich einen Antrag auf Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM in Aussicht. Dieser soll an diesem Mittwoch eingereicht werden. Für Zahlungen aus dem Fonds gelten strenge Kriterien. Es müssen sowohl weitreichende Reformen angegangen, als auch Gefahren für den Rest der Euro-Zone nachgewiesen werden. "Sind wir überzeugt, dass Griechenland das vorlegen kann? Das kann ich heute nicht sagen", erklärte Merkel.

Die EU-Kommission warnte vor den Folgen eines Ausscheidens Griechenlands aus der Währungsunion. "Ein Grexit wäre ein kollektives Scheitern, das wir nicht wollen", sagte der EU-Währungskommissar Pierre Moscovici. "Mein Wille, mein Petitum ist, einen Grexit zu verhindern. Ich bin gegen einen Grexit", betonte auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Ergebnislos war vor dem Gipfel ein Treffen der Euro-Finanzminister verlaufen, an dem erstmals der neue griechische Ressortchef Euklid Tsakalotos teilnahm. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble betonte, weitere Hilfe für Griechenland sei nur im Rahmen eines neuen Programms mit klaren Reformvereinbarungen möglich. "Ohne ein Programm gibt es keine Möglichkeiten, im Namen der Euro-Zone Griechenland zu helfen." Zu einem Schuldenschnitt sagte er: "Wer die europäischen Verträge kennt, weiß, dass ein Schuldenschnitt unter das Bail-out-Verbot fällt." Danach dürfen Euro-Staaten nur ausnahmsweise für Schulden anderer aufkommen.

Griechenland bestehe nicht auf einem Schuldenschnitt, sagte der Fraktionssprecher der regierenden Syriza, Nikos Filis, der Süddeutschen Zeitung: "Eine gut gemachte Umstrukturierung der Schulden wäre ein ernst zu nehmender Vorschlag." Bewegung deutete er im Streit über Militärausgaben an. Die Geldgeber verlangen Kürzungen um 400 Millionen Euro im Jahr. Die griechische Seite bestand zunächst auf 200 Millionen Euro. Es seien Kürzungen um 300 Millionen Euro möglich, sagte Filis jetzt. Nach SZ-Informationen bleiben die von Athen geplanten Maßnahmen aber insgesamt hinter den Gläubiger-Forderungen zurück.

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