Verhandlungen:Wäre doch gegangen

Fortsetzung der Sondierungsgespräche

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (l, CDU) und CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer unterhalten sich.

(Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Mehr Geld für Pflegerinnen, Funklöcher stopfen - in manchen Bereichen stand bei den Unterhändlern von Union, Grünen und FDP schon fast ein Regierungsprogramm.

Von Cerstin Gammelin

Schleichend sind die Sondierungsgespräche für ein mögliches Jamaika-Bündnis in den letzten Tagen in eine Art Koalitionsverhandlungen übergegangen - aber am Ende dennoch gescheitert. "Wenn Sie mal Klima und Migration beiseitenehmen, haben wir schon ein wirklich gutes Regierungsprogramm vereinbart", hatte einer der Chef-Unterhändler am Wochenende noch gesagt. Wobei gelte: Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist.

Wäre es zu einem schwarz-gelb-grünen Regierungsbündnis gekommen, hätte dieses einen wirtschaftsfreundlichen Kurs eingeschlagen. Union, FDP und Grüne seien sich einig, nichts zu tun, das Unternehmen zusätzlich belasten könnte, war in Berlin verlautet. Übersetzt in den Alltag heißt das, dass es weder striktere Vorschriften noch höhere Steuern oder Abgaben hätte geben sollen. Die Vereinbarung konnte als Reaktion Deutschlands auf die von Donald Trump verkündete Steuerreform gelesen werden. Der US-Präsident will die Unternehmenssteuern deutlich senken und Firmenvermögen in die USA zurückholen. Das setzt deutsche Unternehmen unter Druck.

Konsens herrschte darüber, den fairen und freien Handel auszubauen, allerdings vor allem mit Waren und Gütern. Der deutsche Dienstleistungsmarkt sollte nicht weiter geöffnet werden, die Jamaika-Verhandler pochten auf den deutschen Meisterbrief als Zugangsvoraussetzung. Man wollte den Standort Deutschland stärken und letztlich Vollbeschäftigung erreichen. Das heißt, dass weniger als drei Prozent der 15- bis 65-jährigen Erwerbsfähigen arbeitslos gemeldet sind. Die Quote liegt derzeit bundesweit um die fünf Prozent.

Funklöcher sollten gestopft und die Pflege besser bezahlt werden

Zur Vollbeschäftigung beitragen sollten Forschungseinrichtungen, Start-ups und Selbständige. Die Unterhändler waren einig geworden, Spitzentechnologien zu fördern, etwa im Bereich von Energiespeichern und Batterien, die in Deutschland und Europa erforscht, entwickelt und produziert werden sollen. Gefördert werden sollten auch nachhaltige Finanzprodukte, um grüne Unternehmungen zu finanzieren. Um das Unternehmertum in Deutschland zu fördern, sollte es ein Gründerpaket geben, das Stipendien vergeben sollte, den Zugang zu Kapital erleichtert hätte und steuerliche Erleichterungen vorsah. Existenzgründerinnen sollte der Weg in die Selbständigkeit geebnet werden. Ganz oben stand auch die Telekommunikation. Wie aus dem Entwurf der Sondierungsvereinbarung hervorgegangen war, sollte Deutschland bis 2025 flächendeckend mit Gigabyte-Netzen überzogen werden. Geld sollte bekommen, wer moderne Glasfaserkabel verwendet. Die Kosten waren auf 20 Milliarden Euro bis 2025 beziffert. Das Geld sollte über die Versteigerung von 5-G-Lizenzen bereitgestellt werden, notfalls sollte auch der Bundeshaushalt angezapft werden. Geschlossen werden sollten auch Funklöcher im 5-G-Netz. Bis 2022 sollten alle Verwaltungsdienstleistungen bundesweit online erledigt werden können. Einig waren sich die Unterhändler offenbar auch über die steuerliche Forschungsförderung, den Digitalpakt Schule sowie eine Initiative zur Aus- und Weiterbildung. Arbeitnehmer, die in der Alten- und Krankenpflege arbeiten, sollten mehr Gehalt bekommen und bessere Arbeitsbedingungen. Vorgesehen war eine Landarztgarantie und eine bessere Hebammenversorgung.

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