Verhaftete Entwicklungshelfer:"Wirklichkeitsfremde Schwärmer"

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Das französische Außenministerium hatte die Mitarbeiter der Arche de Zoé vergeblich davor gewarnt, mehr als hundert Kinder aus dem Tschad auszufliegen. Jetzt kann es nur noch darum gehen, den politischen Schaden zu begrenzen.

Gerd Kröncke

Vorige Woche war Rama Yade, die junge Staatssekretärin für Menschenrechte in Frankreichs Außenministerium, in Darfur gewesen. Gegen den Widerstand örtlicher Behörden versuchte sie, sich ein Bild von der Situation in der Bürgerkriegs-Provinz zu machen. "Immer noch wird in Darfur getötet", sagte sie hinterher, "immer noch wird in Darfur gestorben. Und jeden Tag trifft es 75 Kinder."

Als sie wieder zu Hause war, erwartete sie der Konflikt um die Hilfsorganisation Arche de Zoé. Nach eigenen Angaben hatte sie Eric Breteau, den Vorsitzenden des Vereins, schon Ende Juli ins Ministerium bestellt, um ihm zu sagen, dass er ihre Unterstützung nicht habe.

Voreiliges Verdammen?

Der Konflikt ist die erste ernsthafte Bewährungsprobe für die junge Politikerin, die als Protegé des Präsidenten gilt. Bislang hat keiner gewagt, sie offen zu kritisieren, nur in den Reihen der Opposition wird die Frage gestellt, wie angemessen es ist, französische Bürger, die von einem afrikanischen Staat schwerer Verbrechen beschuldigt werden, voreilig zu verdammen. Präsident Nicolas Sarkozy selbst hatte die Aktion der Arche de Zoé in einem Telefongespräch mit dem tschadischen Präsidenten als "illegal und unannehmbar" verurteilt.

Eric Breteau und seine Gefährten haben also keine guten Karten. Der Gründer der Arche de Zoé hatte seine kleine Organisation nach einem Mädchen benannt, das 2004 nach dem Tsunami in Indonesien gerettet wurde.

"Humanitärer Korridor" für Flüchtlinge

Damals hatte der Feuerwehrmann aus Argenteuil seine Freunde mobilisiert und war in das Katastrophengebiet gereist. Bis dahin hatte er in seiner Freizeit einem Club von Geländewagen-Enthusiasten vorgestanden. Sensibilisiert vom Elend der Kinder dieser Welt, wollte er so viele wie möglich retten. "Wirklichkeitsfremde Schwärmer", hat Rama Yade die Mitglieder der Arche de Zoé genannt.

Vielleicht hatten die Helfer auch nur Bernard Kouchner zu wörtlich genommen. Noch bevor er von Sarkozy zum Außenminister berufen wurde, hatte Kouchner einen "humanitären Korridor" gefordert, um die Flüchtlinge, vor allem Kinder aus Darfur, zu holen. Kouchner hatte unablässig vor dem Völkermord in der Krisenprovinz gewarnt. Gleich zehntausend Kinder wollten Breteau und seine Mitstreiter in Sicherheit bringen, allein tausend sollten in Frankreich Zuflucht finden. Schließlich gab sich die Organisation mit 103 Kindern zufrieden.

Heimlich weitergemacht

In einem Filmschnipsel der begleitenden Journalisten, die von den tschadischen Behörden auch gleich festgesetzt wurden, ist das Fragment einer Unterhaltung am Ende der missglückten Operation zu hören. Ob das denn alles legal sei, wird Breteau gefragt. "Legal, was heißt schon legal, wer bestimmt, was legal ist?" Rama Yade betonte am Dienstag, das Außenministerium habe alles getan, die Organisation von ihrem Vorhaben abzuhalten. Aber Breteau und seine Leute hätten heimlich weitergemacht.

In Frankreich hat die Affäre auch politische Implikationen. Die Anwälte, die sich der beschuldigten Franzosen angenommen haben, beklagen, dass ihre Mandanten unter dem gespannten Verhältnis zwischen Frankreich und dem Tschad litten. Tschads Präsident hat noch eine Rechnung offen mit Michèle Alliot-Marie, der früheren Verteidigungsministerin. Sie soll ihm vorgeworfen haben, im Bürgerkrieg des Tschad Kinder als Soldaten zu missbrauchen.

Rama Yade, die Staatssekretärin, die nun einen Krisenstab eingerichtet hat, versucht seit kurzem zurückzurudern. "Trotz der Fehler, die gemacht wurden", hat sie den Familien der im Tschad festgehaltenen Franzosen versichert, "wird Frankreich seine Bürger beschützen."

© SZ vom 31.10.2007/dawa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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