Verfassungsschutz-Präsident:"Anschläge vom 11. September nicht in Hamburg geplant"

Die Terroranschläge vom 11. September 2001 wurden nach Überzeugung des Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht in Hamburg, sondern in Afghanistan geplant. Die Verteidiger des Angeklagten Abdelghani Mzoudi beantragten daraufhin die Aufhebung des Haftbefehls gegen ihren Mandanten.

Mzoudi muss sich wegen Beihilfe zum Mord in über 3000 Fällen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verantworten.

Vor Gericht erklärte Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm, die Mitglieder der Hamburger Terrorzelle - Mohammed Atta, Marwan Al Shehhi, Ramzi Binalshibh und Ziad Jarrah - seien bei ihrer Reise nach Afghanistan im Dezember 1999 von Führungsmitgliedern der al Qaida für die Anschläge rekrutiert worden, da sie Englisch sprachen und sich in der westlichen Welt auskannten.

Fromm: Terroristen wollten ursprünglich in Tschetschenien kämpfen

Federführend sei dabei Khalid Scheich Mohammed gewesen, der inzwischen in den USA inhaftiert ist. Ziel der Hamburger Terroristen sei eine militärische Ausbildung gewesen. Sie hätten sich bereits vorher entschieden, am Dschihad teilzunehmen, ursprünglich jedoch beabsichtigt, in Tschetschenien zu kämpfen, sagte Fromm.

Als Quelle für diese Erkenntnisse nannte er unter anderem ein Interview des Fernsehsenders al Dschasira mit Binalshibh und Scheich Mohammed sowie das Buch eines Journalisten zu al Qaida.

Man sei der Überzeugung, dass es sich bei den Aussagen "nicht um Desinformationen handelt", betonte Fromm. Als weiteren Beleg für die Anschlagsplanung in Afghanistan verwies er darauf, dass sich die Gruppe um Atta vor ihrer Reise im Dezember 1999 nicht für eine Flugausbildung oder eine Reise in die USA interessiert habe.

Fromm war auf Antrag der Verteidigung als Zeuge geladen worden, nachdem er der Süddeutschen Zeitung im vergangenen September ein Interview gegeben hatte. Dort hatte der 55-Jährige erklärt, die Anschläge seien in Afghanistan und nicht in Deutschland geplant worden.

Verteidiger fordern Haftentlassung

Im Gegensatz zu Fromms Aussage steht die Aussage einer Zeugin, die im Frühsommer 1999 Al Shehhi in einer Hamburger Bibliothek begegnete.

Sie hatte im August ausgesagt, Al Shehhi habe damals auf Amerika geschimpft und von Tausenden Toten gesprochen. "Ich meine, dass das Wort World Trade Center gefallen ist, kann es aber nicht hundertprozentig sagen", hatte die Frau gesagt, die nach Einschätzung der Verteidigung die Hauptzeugin der Anklage ist.

Mzoudis Verteidigen verlangten nach Fromms Aussage die Haftentlassung ihres Mandanten, da die Aussage des Verfassungsschutz-Präsidenten der Anklageschrift widerspreche.

Dem widersprach Bundesanwalt Walter Hemberger. Er sehe in der Anklageschrift keinen Widerspruch zur Aussage des Zeugen. Über den Antrag der Verteidigung wird voraussichtlich in der nächsten Woche entschieden.

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