Verfassungsrichterin Gabriele Britz:Jung, weiblich, zuständig

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Entscheidung über Adoptionsrecht für Homosexuelle: Verfassungsrichterin Gabriele Britz (Foto: dapd)

Es ist ihr erstes großes Verfahren: Verfassungsrichterin Gabriele Britz ist in Karlsruhe zuständig für das Familienrecht und damit federführend beim Urteil zum Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Unter Kollegen gilt die junge Juristin als diskursfreudig - und frei von politischem Gestaltungsdrang.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der Frauenanteil am Bundesverfassungsgericht ist zuletzt wieder auf ein halbwegs akzeptables Maß gestiegen: Fünf der 16 Stellen sind von Richterinnen besetzt, was der einstigen Rekordquote zu Jutta Limbachs Zeiten entspricht und sich günstig von den meisten Aufsichtsräten abhebt. In einem Punkt steht das Gericht - so viel es für die Gleichberechtigung getan hat - jedoch für traditionelle Rollenverteilung: Das Familienrecht ist in Frauenhand, seit das Gericht existiert.

Gabriele Britz, verheiratete Mutter eines Sohnes im Grundschulalter, ist seit zwei Jahren im Ersten Senat für dieses Rechtsgebiet zuständig. Sie steht damit in einer durchaus heterogenen Reihe, die mit der kämpferischen Erna Scheffler begann und über Wiltraut Rupp-von Brünneck, Gisela Niemeyer, Helga Seibert bis zu Christine Hohmann-Dennhardt reicht. Was deshalb ein wenig kurios ist, weil Britz aus einem gänzlich anderen Teil der Juristenwelt kommt - sie ist Professorin für öffentliches Recht und Europarecht in Gießen und war dort zuletzt Dekanin.

Zu ihren Schwerpunkten gehört das Energierecht, dort ist sie Mitherausgeberin eines Kommentars. Vor allem aber zeugen ihre wissenschaftlichen Arbeiten von vielfältigen Interessen, ein Umstand, der ihr als Richterin zugutekommen dürfte. Sie hat über Hochschulrecht und Datenschutz, über Tarifautonomie und elektronische Verwaltung geschrieben. Ihre Habilitationsschrift "Kulturelle Rechte und Verfassung" befasst sich mit den Rechten religiöser und ethnischer Minderheiten.

Unvoreingenommen und diskursfreudig

Als "Berichterstatterin" war Britz bisher unter anderem für zwei Senatsbeschlüsse federführend zuständig, in denen die Benachteiligung von Ausländern beim Erziehungsgeld beanstandet worden war. Das Urteil zum Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, das an diesem Dienstag verkündet wird, ist ihr erstes großes Verfahren. Es dürfte mit einer Korrektur des geltenden Rechts enden: Warum Homosexuelle die adoptierten Kinder ihres Lebenspartners nicht ihrerseits adoptieren dürfen, hatte in der Verhandlung niemanden so recht überzeugt.

In den internen Beratungen, so wird ihr attestiert, argumentiert die mit 44 Jahren sehr junge Richterin präzise und analytisch. Davon konnte sich auch das Publikum in der Anhörung vom Dezember überzeugen. Einen Verbandsvertreter, der düster vor den "weitreichenden Folgen" einer Lockerung des Verbots warnte, führte sie mit wenigen Sätzen zum Kern des Arguments zurück. Adoptierte Kinder gebe es doch schon jetzt in homosexuellen Partnerschaften. Nur eben rechtlich schwächer abgesichert.

Ist also eine eher linksliberale Richterin fürs Familienrecht zuständig? Britz ist, falls das links ist, auf Vorschlag der SPD ans Gericht gewählt worden. Kollegen nehmen sie als diskursfreudig wahr - aber auch als unvoreingenommen und frei von politischem Gestaltungsdrang. Im ideologie-anfälligen Familienrecht ist das eine Stärke.

© SZ vom 19.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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