Verfassungsgericht:Sammeln erlaubt

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Die Richter in Karlsruhe lehnen zwei Eilanträge gegen die Vorratsdatenspeicherung ab. Das Gesetz bleibt in Kraft. Doch in der Causa ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht hat den vorläufigen Stopp der Vorratsdatenspeicherung abgelehnt. Das Gericht wies am Freitag zwei Anträge ab, die das seit Ende 2015 geltende Gesetz zur Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten schon vor einem abschließenden Urteil des Gerichts für unanwendbar erklären lassen wollen. Gespeichert wird derzeit allerdings ohnehin noch nicht, weil den Telekommunikationsunternehmen zur Schaffung von Speicherkapazitäten eine Übergangsfrist bis Mitte 2017 eingeräumt worden war.

Eine Verfassungsbeschwerde stammt von einer Gruppe von Anwälten, Ärzten, Journalisten und Abgeordneten, die zweite von FDP-Politikern, darunter die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie wenden sich gegen die Speicherpflicht von zehn Wochen für Verbindungsdaten sowie vier Wochen für Standort-Daten aus der Handynutzung. Das 2010 beanstandete Gesetz hatte noch eine sechsmonatige Speicherung vorgesehen.

Anwälte, Ärzte, Journalisten sowie FDP-Politiker sind vor das Verfassungsgericht gezogen

In ihrer Begründung lassen die Richter nicht durchblicken, wie sie das umstrittene Projekt beurteilen. Zwar könne bereits die bloße Speicherung einen "erheblichen Einschüchterungseffekt bewirken, weil das Gefühl entsteht, ständig überwacht zu werden", heißt es dort. Andererseits konkretisiere sich der Nachteil für Betroffene erst durch einen Abruf der Daten. Dadurch sei es möglich, "weitreichende Erkenntnisse über das Kommunikationsverhalten und die sozialen Kontakte der Betroffenen zu erlangen, gegebenenfalls sogar begrenzte Rückschlüsse auf die Gesprächsinhalte zu ziehen". Allerdings habe der Gesetzgeber den Zugriff der Behörden auf besonders schwere Straftaten beschränkt. Angesichts dieser Einschränkungen habe das "öffentliche Strafverfolgungsinteresse" grundsätzlich ein derartiges Gewicht, dass eine vorläufige Aussetzung der Vorschrift ausscheide. Eine Einschränkung macht das Gericht allerdings beim Thema SMS: Sollte es dort derzeit noch nicht möglich sein, die Verkehrsdaten von den Inhalten zu trennen, müssten dafür zunächst die technischen Voraussetzungen geschaffen werden.

Derzeit befasst sich zudem der Europäische Gerichtshof mit den Speichergesetzen in Schweden und Großbritannien. 2014 hatte der EuGH in einem spektakulären Urteil die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt. Der nun anhängige Prozess dürfte im Herbst abgeschlossen sein. Die Schlussanträge des Generalanwalts - also die ersten Hinweise auf den Ausgang des Verfahrens - werden kommenden Dienstag veröffentlicht.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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