Verdächtige Substanzen in Kölner Hochhaus:Terror-Hintergrund "sehr wahrscheinlich"

  • Der Tunesier, in dessen Kölner Wohnung hochgiftiges Rizin gefunden wurde, hat nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft vorsätzlich biologische Waffen hergestellt.
  • Verfassungschutzpräsident Maaßen hält Terror-Hintergrund für "sehr wahrscheinlich".
  • Auf den 29-Jährigen waren Sicherheitsbehörden wegen auffälliger Interneteinkäufe gestoßen. Er hatte dort 1000 Rizinus-Samen gekauft.

Gegen den Tunesier, in dessen Kölner Wohnung hochgiftige Rizin-Substanzen gefunden wurden, ist Haftbefehl erlassen worden. Gegen ihn besteht der dringende Verdacht, vorsätzlich biologische Waffen hergestellt zu haben. Zudem besteht der Bundesanwaltschaft zufolge der Anfangsverdacht wegen der Vorbereitung eines Anschlages. Wie die Justizbehörde allerdings mitteilte, gibt es bis jetzt keine Anhaltspunkte für eine Mitgliedschaft des Beschuldigten in einer terroristischen Vereinigung. Das sei aber noch "nicht abschließend geklärt". Am Freitag sollen noch weitere leerstehende Wohnungen in dem Kölner Haus durchsucht werden.

Nach Einschätzung von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen habe der Mann aber "sehr wahrscheinlich" einen Gift-Terroranschlag geplant. Die Auswertungen seien zwar noch nicht abgeschlossen, "allerdings ist es in der Gesamtschau der bislang vorliegenden Hinweise sehr wahrscheinlich, dass hier ein terroristischer Anschlag vereitelt werden konnte", sagte Maaßen der Rheinischen Post. Nach Informationen der Zeitung hätte die gefundene Menge zur Herstellung von hochgiftigem Rizin für 250 bis 1000 toxische Dosen, je nach Ausbringungsmethode auch für mehr gereicht.

Die Polizei war am Dienstagabend in den Kölner Hochhauskomplex eingedrungen und hatte die Wohnung des Verdächtigen gestürmt. Die Ehefrau des Mannes und seine vier Kinder wurden dagegen schnell wieder freigelassen. Nachbarn beschrieben den Mann als unscheinbaren, zurückhaltenden Hausbewohner.

Bis zu dem Hinweis auf mögliche Giftstoffe in der Wohnung war der Mann der Kölner Polizei oder gar dem Staatsschutz nicht aufgefallen. Erst durch eine Internetbestellung soll der Mann den Ermittlern verdächtig geworden sein. Unter anderem hatte er bei einem Internet-Versandhändler 1000 Rizinus-Samen und eine elektrische Kaffeemühle gekauft. "Anfang Juni 2018 setzte der Beschuldigte sein Vorhaben um und stellte erfolgreich Rizin her", teilte die Bundesanwaltschaft mit. "Dieses konnte bei dem Beschuldigten sichergestellt werden."

Rizin gilt als hochtoxisch und wird in Deutschland auf einer Liste des Kriegswaffenkontrollgesetzes geführt. Unklar blieb zunächst, auf welche Mengen Rizin die Spezialisten der "Analytischen Task Force" (ATF) der Feuerwehr in der Wohnung stießen. Die ATF-Experten in Dekontaminationsanzügen wurden während des Einsatzes von schwer bewaffneten SEK-Polizisten begleitet. Bereits in einer kleinsten Menge von weniger als einem Milligramm kann Rizin tödlich sein.

Anmerkung der Redaktion

In der Regel berichtet die SZ nicht über ethnische, religiöse oder nationale Zugehörigkeiten mutmaßlicher Straftäter. Wir weichen nur bei begründetem öffentlichen Interesse von dieser im Pressekodex vereinbarten Linie ab. Das kann bei außergewöhnlichen Straftaten wie Terroranschlägen oder Kapitalverbrechen der Fall sein oder bei Straftaten, die aus einer größeren Gruppe heraus begangen werden (wie Silvester 2015 in Köln). Ein öffentliches Interesse besteht auch bei Fahndungsaufrufen oder wenn die Biografie einer verdächtigen Person für die Straftat von Bedeutung ist. Wir entscheiden das im Einzelfall und sind grundsätzlich zurückhaltend, um keine Vorurteile gegenüber Minderheiten zu schüren.

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