Verbraucherschutz:Ein Gesetz, das nicht allen schmeckt

Die Verbraucher in Deutschland sollen künftig besser über Gammelfleisch und andere Lebensmittelskandale informiert werden. Nach fünfjährigem Streit zwischen Bund und Ländern machte der Bundesrat den Weg für das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) frei.

Die Länderkammer stimmte trotz Bedenken mit großer Mehrheit zu. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) sprach von einem Meilenstein: "Wir machen damit einen Riesenschritt zu mehr Markttransparenz und Verbraucherinformation."

FDP, Linkspartei, Grüne und Verbraucherschützer halten das Gesetz jedoch für einen "zahnlosen Tiger". Berlin stimmte dagegen. Einige Länder befürchteten auch verfassungsrechtliche Probleme. Der Bundestag hatte im Juni mit Mehrheit für das Gesetz gestimmt.

Als Konsequenz aus mehreren Fleischskandalen sollen Behörden dazu verpflichtet werden, bei Gesundheitsgefahren und Rechtsverstößen die Namen von Firmen oder Produkten zu nennen. Bisher lag dies im Ermessen der Behörden. "Schwarze Schafe" können damit genannt werden, wenn Gammelfleisch am Markt ist, Lebensmittel falsch gekennzeichnet wurden oder Pestizid-Höchstmengen überschritten werden.

Verbraucher haben auch einen Anspruch auf Auskunft und Akteneinsicht. Das VIG, das nach sechs Monaten in Kraft treten soll, gilt für Lebensmittel, Wein und Gegenstände wie Bekleidung, Spielwaren und Waschmittel.

Verbraucherzentralen: Verpasste Chance

Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn bezeichnete das Gesetz als Etikettenschwindel. "Der Name steht drüber, aber der Inhalt ist schlecht", sagte sie dem Nachrichtensender n-tv. Höhn forderte eine Informationspflicht für Unternehmen und eine Ausweitung auf Produkte wie Elektrogeräte. Der FDP-Verbraucherpolitiker Hans-Michael Goldmann sprach von "Informationsverhinderung". Auch die Linkspartei verlangte Korrekturen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hält das VIG für eine verpasste Chance. "In dieser Form wird es auch Gammelfleisch nicht verhindern", sagte Verbandschefin Edda Müller. Die Verbraucher-Organisation Foodwatch überreichte dem Bundesrat mehr als 10.000 Unterschriften gegen das Gesetz.

Es strotze vor Ausnahmen, und jede Information könne von Behörden und Wirtschaft verweigert werden, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warf den Gesetzgebern vor, Gammelfleischhändler würden geschützt.

Länder mäkeln

Seehofer wies die Kritik zurück. Bei Verstößen könnten sich Firmen nicht auf Geschäftsgeheimnisse berufen. Sie müssen aber angehört werden. Die Ernährungs- und Lebensmittelwirtschaft forderte einen verantwortungsvollen Umgang. Der Einzelhandelsverband HDE warnte davor, Unternehmen durch ungeprüfte Informationen zu gefährden.

Die Länder sehen trotz Zustimmung Mängel. Nach Ansicht von Baden-Württembergs Ernährungsminister Peter Hauk (CDU) kann das Gesetz Skandale nicht so wirksam verhindern wie nötig, es sei aber der bisher beste Gesetzentwurf. Bayerns Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) machte sich für öffentliche Rückrufaktionen von Lebensmitteln stark. Was in anderen Branchen selbstverständlich sei, sollte in der Lebensmittelbranche auch möglich sein.

Das Gesetz soll nach zwei Jahren geprüft werden. Wenn Nachbesserungen nötig seien, werde das Ministerium Vorschläge machen, sagte Seehofer. Die SPD-Bundestagsfraktion forderte, eine Informationspflicht für Unternehmen müsse ebenso geprüft werden wie die Erweiterung auf weitere Produkte.

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