Verbot von Minaretten:"Angst vor der Islamisierung"

CDU-Innenpolitiker Bosbach sieht in der Schweizer Entscheidung gegen Minarett-Bauten einen Ausdruck für wachsende Furcht vor dem Islam, die auch in Deutschland verbreitet sei. Doch es gibt auch andere Bewertungen.

Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach, sieht auch in Deutschland eine wachsende Furcht der Bevölkerung vor einer Islamisierung.

Verbot von Minaretten: Die Große Moschee in Genf: Die Volksabstimmung gegen den Bau neuer Minarette in der Schweiz löst geteilte Reaktionen aus.

Die Große Moschee in Genf: Die Volksabstimmung gegen den Bau neuer Minarette in der Schweiz löst geteilte Reaktionen aus.

(Foto: Foto: dpa)

Nach der Entscheidung der Schweizer für ein Verbot von Minarett-Bauten sagte der CDU-Politiker der Berliner Zeitung , die Schweizer Entscheidung müsse deshalb auch hierzulande ernstgenommen werden und dürfe nicht hochmütig kommentiert werden. Das Ergebnis der Volksabstimmung sei Ausdruck einer auch in Deutschland weit verbreiteten Angst vor der Islamisierung der Gesellschaft, sagte Bosbach.

CSU-Generalsekretär Alexander warnte hingegen davor, nach dem Votum der Schweizer die dortige Situation mit der in Deutschland zu vergleichen. "Man darf dieses Ergebnis nicht überbewerten", sagte Dobrindt dem Bayerischen Rundfunk. Die Gründe, die in der Schweiz zu diesem Votum geführt hätten, müssten näher analysiert werden. "Aber es ist mit Sicherheit nichts, was auf Deutschland in dieser Form zu übertragen wäre", fügte der CSU-Politiker hinzu.

Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy nannte die Entscheidung der Schweizer im gleichen Blatt sehr problematisch. Wer Religionsfreiheit garantiere, müsse den Anhängern verschiedener Religionen auch die Möglichkeit geben, Gotteshäuser zu bauen.

Im Video: Das in der Volksabstimmung vom Sonntag beschlossene Minarettverbot in der Schweiz hat bei Muslimen und Kirchen für Bestürzung gesorgt.

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In einer Volksabstimmung hatten die Schweizer am Sonntag entschieden, den Bau von Minaretten künftig zu verbieten. Eine deutliche Mehrheit von 58 Prozent der Wähler hatte die von der rechtsgerichteten Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der Eidgenössischen Demokratischen Union gestartete Initiative unterstützt.

Andere bürgerliche Parteien sowie Sozialdemokraten und Grüne hatten sich zusammen mit der Regierung vehement gegen das Bauverbot ausgesprochen. Regierung und Religionsgemeinschaften hatten vor der Abstimmung erklärt, ein Bauverbot würde gegen gegen die Religionsfreiheit und die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.

Regierung muss Entscheidung respektieren

In ersten Reaktionen sprachen Vertreter zahlreicher Parteien von einer "politischen Abstimmung" gegen einen Islam, der von vielen Schweizern als militant empfunden werde. Die SVP und ihre Mitstreiter hätten die Sorgen der Bevölkerung mit ihrer Initiative richtig eingeschätzt. So kam es auch zu einer hohen Beteiligung von etwa 54 Prozent. Im Durchschnitt gehen in der Schweiz bei Wahlen nur 44 Prozent der Bürger zur Urne.

In der Schweiz, wo etwa 400.000 Muslime unter zusammen mehr als sechs Millionen katholischen und protestantischen Christen leben, gibt es derzeit vier Minarette. Der Unmut in der Bevölkerung gegen den Bau weiterer solcher Gebäude sei von der Politik "unter dem Deckel gehalten worden", sagte Walter Wobmann, Präsident des Initiativkomitees, im Schweizer Fernsehen. Die Schweizer wollten keine Minarette in der Schweiz. Nun wolle man gegen Zwangsehen und Beschneidungen vorgehen und die Ganzkörperverschleierung von Frauen verbieten.

Die Schweizer Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf sagte zum Ergebnis der Volksabstimmung, im Kampf gegen Extremismus sei ein Minarett-Verbot kein taugliches Mittel. Die Regierung in Bern sei zwar über die Mehrheit für das Bauverbot enttäuscht, müsse die Entscheidung aber respektieren. Nach Ausgang der Abstimmung sei der Bau von Minaretten damit künftig verboten.

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) zeigte sich über die Annahme des Verbots besorgt. Für Sprecher Walter Müller ist das Ja "ein Hindernis auf dem Weg der gegenseitigen Integration und des interreligiösen Dialogs". Die Zustimmung zur Anti-Minarett-Initiative stelle die Schweiz international an den Pranger, sagt die Religionsexpertin Rifa 'at Lenzin. Die Schweiz habe in der "Islamophobie eine Vorreiterrolle" übernommen.

"Signal gegen Islamismus, Scharia und Kopftuchzwang"

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, bedauerte das Ergebnis der Schweizer Abstimmung. "Es zeigt sich, dass die europäischen Gesellschaften noch nicht ganz reif sind für die Zuwanderung und für die Einwanderung", sagte Kolat.

Der Zentralrat der Ex-Muslime begrüßte hingegen die Schweizer Volksabstimmung zum Bauverbot von Minaretten begrüßt. "Das Nein zu Minaretten ist eigentlich ein Signal gegen Islamismus, Scharia und Kopftuchzwang. Das Minarett steht da nur als Symbol für eine begründete Furcht vor dem politischen Islam", sagte Zentralratsvorsitzende Mina Ahadi der Leipziger Volkszeitung.

Es sei gut, dass die Schweizer Bürger in diese Entwicklung eingegriffen und deutlich Nein gesagt hätten. "Ich wünsche mir, dass es auch in Deutschland eine breitere Debatte über die Beschneidung von Frauen- oder Kinderrechten gibt", so Ahadi weiter. Der Zentralrat rechnet mit aggressiven Reaktionen der muslimischen Verbände und der arabischen Welt auf die Schweizer Volksabstimmung. Die ersten Drohungen seien schon da.

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