Verbot gewalttätiger Salafisten:Hass als Vereinszweck

Gewalt bleibt Gewalt, auch wenn sie sich als Religion tarnt. Radikale salafistische Netzwerke zu verbieten, ist deshalb ein Schutz gegen militante Niedertracht. Und es ist auch im Sinne der vier Millionen Muslime in Deutschland.

Heribert Prantl

Das Vereinsverbot ist natürlich kein Religionsverbot. Jeder kann glauben, was er will. Das gilt für christliche, für muslimische und für sonst alle möglichen Sekten. Das gilt auch für die Salafisten. Jeder kann seine heilige Schrift so auslegen wie er will, jeder darf auf jedem Buchstaben dieser Schrift so herumreiten wie er will, er darf sektiererisch sein, abergläubisch, abgöttisch, reaktionär. Dem Staat steht es nicht zu, darüber zu richten. Aber die Glaubens- und Religionsfreiheit endet dort, wo Hass und Gewalt beginnen.

Hass bleibt auch dann Hass, wenn die, die ihn predigen, sich auf Gott oder auf Allah berufen. Gewalt bleibt auch dann Gewalt, wenn sie sich als Religion tarnt. Kein Gott, wie immer er genannt wird, berechtigt Menschen dazu, die Menschenrechte zu verhöhnen und zu missachten. Wer dies in Deutschland tut, steht weit außerhalb der Grundordnung dieses Landes. Religion ist keine Ausrede und schon gar keine Rechtfertigung dafür, andere Menschen als Kampfziele zu definieren.

Genau das tun die gewalttätigen Salafisten. Wenn sich solche Gewalttäter in einem Verein zusammentun, der den Hass als Vereinszweck hat, der Verachtung lehrt und die Aggression lebt - dann muss dieser Verein verboten werden. Das Verbot ist dann nicht nur ein Akt der wehrhaften Staatlichkeit, sondern auch ein Schutz der Menschen, gegen die sich die Niedertracht des Vereins richtet. Religionsfreiheit ist kein Freibrief für Aggressionen, und Vereinigungsfreiheit ist keine Freiheit zu staatlich geschützter Pflege von militanter Gemeinheit.

Wenn das so ist, dann hat der Bundesinnenminister den Verbotsauftrag, den das Grundgesetz in Artikel 9 Absatz 2 formuliert. Dort steht: Vereine, deren Zwecke oder Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen, sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, "sind verboten". Der Innenminister hat dieses grundrechtliche Unwerturteil aktualisiert, er hat den imperativen Indikativ der Verfassung praktiziert. Zu Recht.

Das ist auch im Sinne der vier Millionen Muslime in Deutschland, die sich davor fürchten, dass man sie mit den radikalen Islamisten gleichsetzt, dass man die Gemeinschaft der Muslime in Deutschland betrachtet wie ein Pilzgericht, in dem ein Giftpilz alles verdirbt. Die Salafisten sind eine winzige Minderheit unter den Muslimen in Deutschland; die militanten Salafisten wiederum sind eine Minderheit in dieser Minderheit. Die große Mehrheit der deutschen Muslime grenzt sich von den Salafisten ab; selbst in den Moscheen der Vereinigung Milli Görüs, die (überwiegend zu Unrecht) vom Verfassungsschutz beobachtet wird, darf der Salafist Pierre Vogel nicht auftreten.

Die Muslime in Deutschland müssten also eigentlich den Innenminister für sein Verbot loben - wenn sie nicht den Grundverdacht hätten, dass der Minister einen Argwohn gegen jedweden Islam hat. Zu diesem Anfangsverdacht hat der Minister leider einiges beigetragen.

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