Krise in Venezuela:"Warum können wir da nicht einfach einmarschieren?"

US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus

Trump umgibt sich zunehmend mit Hardlinern. Dass er in Venezuela einmarschiert, ist dennoch sehr unwahrscheinlich.

(Foto: AP)
  • US-Präsident Trump hat einem Bericht zufolge mehrfach von einer Invasion in Venezuela gesprochen.
  • Er bedient damit eine Verschwörungstheorie, die dem Autokraten Maduro seit Jahren einen Vorwand liefert, seine Macht zu sichern.
  • Maduro weist die Verantwortung für die heftige humanitäre Krise in dem Land offiziell von sich und rechtfertigt die Unterdrückung der Opposition.

Von Benedikt Peters

Wenn Venezuelas autoritärer Herrscher im Fernsehen auftritt, dann läuft das oft so wie im Mai 2016. Da nahm Nicolás Maduro in einem Sessel Platz, schaute fest in die Kamera und stahl sich aus der Verantwortung.

Venezuela versank damals wie heute im Chaos: Die Bevölkerung hungert, es fehlt an Medikamenten. Selbst Benzin muss importiert werden, obwohl das Land die größten Ölressourcen weltweit hat. Die Inflationsrate liegt bei 13 000 Prozent. Für all das aber könne er nichts, argumentiert Maduro, eine internationale Verschwörung sei am Werk, angeführt von der US-Regierung. Die suche nur einen Vorwand, um in Venezuela einzumarschieren.

Handfeste Belege für seine Theorie gibt es keine, dennoch hat Maduro schon unzählige solcher Auftritte hingelegt. Neben der Gewalt gegen Demonstranten sowie Geld- und Lebensmittelgeschenken für seine Unterstützer sind sie ein zentraler Baustein der Strategie, mit der er sich seit Jahren an der Macht hält.

Nun hat US-Präsident Trump ihm wieder ein gutes Argument für seine Verschwörungstheorie geliefert. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, soll Trump mehrfach eine Intervention in dem Krisenstaat erwogen haben. "Warum können wir da nicht einfach einmarschieren?", fragte Trump demnach bei einem Treffen mit Beratern im Weißen Haus im August 2017.

Der damalige Sicherheitsberater H. R. McMaster und der damalige US-Außenminister Rex Tillerson versuchten zwar sofort, ihm das auszureden. Sie verwiesen auf die unkalkulierbaren Folgen einer Militäraktion und die Beziehungen zu anderen lateinamerikanischen Staaten, die schwer beschädigt würden. Wirtschaftssanktionen gegen das Regime in Caracas, wie sie die USA bereits eingeführt hatten, seien die bessere Option.

Maduro hat sich die Krise selbst zuzuschreiben

Trump scherte sich offenbar nicht viel um das Gerede seiner beiden Mitarbeiter, die er inzwischen gefeuert hat. Kurz darauf erwähnte Trump die Invasions-Idee auch gegenüber Juan Manuel Santos, dem aktuell noch amtierenden Präsidenten des Nachbarlandes Kolumbien. Im September hat Trump AP zufolge bei einem Abendessen mit vier lateinamerikanischen Staatschefs, darunter auch Santos, dann noch einmal über einen möglichen Einmarsch in Venezuela gesprochen.

Dass eine US-Verschwörung die Krise in dem südamerikanischen Land herbeigeführt hat, ist sehr unwahrscheinlich. Venezuela hat sich darauf verlassen, dass die Einnahmen aus dem Ölsektor weiterhin so sprudeln würden wie unter Maduros Vorgänger Hugo Chávez, der 2013 verstarb. Auf den Verfall des Weltmarktpreises war die sozialistische Regierung schlicht nicht vorbereitet.

Die teuren Lebensmittelimporte konnten nicht mehr bezahlt werden, die Infrastruktur in der Ölindustrie verfiel, weil Investitionen ausblieben. Hinzu kommt ein über die Maßen aufgeblähter Staatsapparat mit einem gigantischen Ausmaß an Korruption. Maduro und sein Gefolge haben sich die Krise, nach allem was man weiß, selbst zuzuschreiben.

Schon einmal war bekannt geworden, dass Trump mit dem Gedanken an einen Einmarsch spielt. "Wir haben viele Optionen für Venezuela, einschließlich einer militärischen, falls nötig", sagte Trump am 11. August 2017, er weilte damals in seinem Urlaubsdomizil in New Jersey. Das entpuppte sich zwar schnell als Getöse, und so dürfte es auch bei den nun bekannt gewordenen Äußerungen sein. Trump umgibt sich zwar zunehmend mit Hardlinern, die ihm das Wort reden. Bei einem Einmarsch in Venezuela aber hätte er nichts zu gewinnen, allein schon, weil die US-Bevölkerung solchen Manövern kritisch gegenübersteht. Das weiß auch der US-Präsident, der nicht selten betont, in anderen Ländern stationierte US-Soldaten nach Hause holen zu wollen.

Für Maduro aber ist solches Gerede ein willkommener Anlass, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Zwei Wochen nach Trumps erster Drohung ließ er in Caracas mehrere Hunderttausend Soldaten aufmarschieren. Armee und Bevölkerung sollten so ihre Bereitschaft zur "Verteidigung des Territoriums und der Souveränität" demonstrieren, erklärte Maduro, auch das war in erster Linie eine Botschaft an die eigenen Leute, nicht an die Regierung in Washington.

Auf den AP-Bericht reagierte Maduro nun ähnlich. Er sei ein Beleg dafür, dass die US-Regierung eine "kriminelle Vision der Vorherrschaft" verfolge, erklärte der Staatschef - natürlich im Fernsehen.

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