Venezuela:Mission Gerechtigkeit

Venezuela: Die Menschen in Venezuela sind politische Volten ihres Präsidenten Nicolas Maduro gewöhnt. Dessen neuester Streich: den eigenen Sohn zum Anti-Korruptionsbeauftragen machen.

Die Menschen in Venezuela sind politische Volten ihres Präsidenten Nicolas Maduro gewöhnt. Dessen neuester Streich: den eigenen Sohn zum Anti-Korruptionsbeauftragen machen.

(Foto: Alejandro Cegarra/AP)

Der Korruptionsskandal um das brasilianische Bauunternehmen Odebrecht erfasst Venezuela. Präsident Maduro hat seinen Sohn als Ermittler eingesetzt. Kommentatoren halten es für unwahrscheinlich, dass die Aufklärung so gelingen kann.

Von Boris Herrmann, Rio de Janeiro

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat ein Programm namens "Mission der sozialistischen Gerechtigkeit" angekündigt. Mit harter Hand will seine Regierung demnach den venezolanischen Teil der Korruptionssümpfe rund um den Baukonzern Odebrecht trockenlegen. Die Firma mit Hauptsitz in Brasilien hat nach Kronzeugenberichten mindestens 98 Millionen Dollar an Schmiergeldern an hochrangige venezolanische Funktionäre bezahlt. Lediglich in Brasilien wurde noch mehr verteilt. Es gäbe also einiges zu ermitteln in Venezuela. Am Wochenende lieferte Maduro schon einmal eine Kostprobe, was unter seiner sozialistischen Gerechtigkeit zu verstehen ist. Zwei brasilianische Journalisten, die im Fall Odebrecht auf venezolanischem Boden recherchierten, lernten die Politik der harten Hand kennen. Sie wurden vom Geheimdienst verhaftet, zehn Stunden lang festgehalten und dann ausgewiesen.

Gleichzeitig löst eine Personalie einige Aufregung aus, die alles verrät, was man über Maduros Gerechtigkeitssinn wissen muss: Zum Supervisor der Ermittlungen im Fall Odebrecht ernannte er seinen Sohn Nicolás Maduro Guerra, 26. Nichts scheint mehr unmöglich zu sein in diesem postsozialistischen Krisenstaat. Mal wird eine Zwei-Tage-Arbeitswoche beschlossen, um Energie zu sparen. Mal wird das Volk zur Hühnerzucht aufgerufen, um der Versorgungskrise mit Grundnahrungsmitteln zu begegnen. Bei der Nordischen Ski-WM in Finnland nahm neulich ein Venezolaner teil, der noch nie im Leben Schnee gesehen hatte. Und jetzt ermittelt der Präsidentensohn, ob der Präsident bestechlich ist.

"Nicolasito" Maduro tanzte unter herbregnenden Dollarscheinen

Nicolás Maduro Guerra, genannt Nicolasito, blickt bislang auf eine Karriere als Flötenspieler im nationalen Jugendorchester zurück. Später wurde er von seinem Vater zum Direktor der staatlichen Filmschule ernannt. Das einzige, was er vom Film verstehe, sei, wie man eine Kamera klaue, schimpfte ein bekannter venezolanischer Dramaturg. Seinen Bekanntheitsgrad steigerte Nicolasito außerdem, als er in einem Luxushotel in Caracas unter herabregnenden Dollarscheinen tanzte, während draußen vor der Tür die Leute in den Supermarktschlangen standen. Er selbst bezeichnete sich einmal als "Soldat von Chávez bis über den Tod hinaus".

Laut dem konservativen brasilianischen Nachrichtenmagazin Veja hat Odebrecht unter anderem den letzten Wahlkampf von Hugo Chávez illegal gesponsert. Das Schmiergeld soll an dessen Kampagnenleiter geflossen sein. Der war auch für Maduros Wahlkampf zuständig. Was Veja publiziert, ist mitunter nicht viel wahrer als das, was Venezuelas Regierung behauptet. Fest steht aber wohl: Wenn etwas dran sein sollte an den Vorwürfen, dann wird der neue Chefermittler in Caracas bis über den Tod hinaus dafür kämpfen, dass es nicht rauskommt.

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