Venezuela:Maduro tötet seinen "Staatsfeind Nr. 1"

Venezuela: Das Schicksal von Óscar Pérez, Venezuelas "Staatsfeind Nummer 1", ist ungewiss (Archivbild aus dem Juli 2017).

Das Schicksal von Óscar Pérez, Venezuelas "Staatsfeind Nummer 1", ist ungewiss (Archivbild aus dem Juli 2017).

(Foto: AFP)
  • Venezuelas Armee hat eine Gruppe ausgeschaltet, die im Juni den Obersten Gerichtshof angegriffen hatte.
  • Deren Anführer Óscar Pérez galt seitdem als "Staatsfeind Nummer 1". Er und sechs weitere Menschen starben nun bei einem Militäreinsatz.
  • Pérez hatte sich während der laufenden Regierungsoperation mehrmals über die sozialen Medien gemeldet - mutmaßlich aus seinem Versteck heraus.

In einer dramatischen Operation hat das Militär im krisengebeutelten Venezuela eine Gruppe Aufständischer ausgeschaltet, die zur Rebellion gegen Präsident Nicolás Maduro aufgerufen hatte. Hunderte Polizisten und Soldaten waren in den Bergen nahe der Hauptstadt Caracas im Einsatz. Es kam zu heftigen Feuergefechten. Wie die Regierung mitteilte, wurden mehrere Menschen getötet und verletzt, darunter zwei Angehörige der Sicherheitskräfte. Wie nun bekannt wurde, kamen bei dem Einsatz sieben "Terroristen" ums Leben. Unter den Opfern ist auch der Anführer der Aufständischen, der als "Staatsfeind Nummer 1" gesuchte Óscar Pérez. Das teilte Innenminister Néstor Reverol mit.

Die Gruppe hatte sich offensichtlich in der Wohnsiedlung El Junquito verschanzt, hier - im hügeligen Umland von Caracas - fand der Einsatz statt. "Die Mitglieder dieser Terrorzelle, die bewaffneten Widerstand geleistet haben, wurden getötet. Fünf Verbrecher wurden gefangen genommen und inhaftiert", teilte das Innenministerium mit.

Angeblich soll es auch zu Granatenbeschuss gekommen sein. Pérez, der vor seinem Widerstand einer Spezialeinheit der Polizei angehört hatte und von Maduro als "Terrorist" bezeichnet wird, teilte in einer Videobotschaft - mutmaßlich aufgenommen in seinem umstellten Versteck - mit: "Sie wollen nicht, dass wir uns ergeben, sie wollen uns ermorden." Während der stundenlangen Gefechte meldete sich der seit mehr als einem halben Jahr im Untergrund lebende Pérez mehrmals über verschiedene, seiner Gruppe nahestehende Twitter-Accounts. In einem Video war er schwer blutend und bewaffnet zu sehen.

Mit einem gekaperten Hubschrauber gegen den obersten Gerichtshof

Die Umstände rund um den "Staatsfeind Nummer 1" sind mysteriös. Er war unter anderem Pilot bei der Polizeieinheit CICPC und hatte sich als Schauspieler versucht. Politisch machte er erstmals Ende Juni 2017 von sich reden, als er mit einem gekaperten Hubschrauber das Innenministerium beschoss und Granaten auf den Obersten Gerichtshof feuerte. Verletzte oder größere Schäden gab es bei dem Anschlag nicht. Maduro sprach damals von einem "Putschversuch und Terrorakt".

Pérez sah sich als Anführer zur Befreiung Venezuelas vom Sozialismus. In einem Manifest sprach er von einer "Koalition zwischen Militärs, Polizisten und Zivilisten" - seine Rebellengruppe war aber wohl eher klein. "Wir sind auf der Straße, um das Volk zu verteidigen", sagte er in einer Botschaft. "Es ist an der Zeit, dass diese Regierung der Drogendealer stürzt."

Einer der führenden Sozialisten, Diosdado Cabello, attackierte Oppositionspolitiker scharf, die während des Einsatzes vor einer Exekution des Rebellen Pérez warnten. "Die Rechten und ihre Medien verteidigen den Terroristen Óscar Pérez, welche Schande".

Land vor dem Kollaps

Nach Misswirtschaft und gesunkenen Öleinnahmen steht das Land mit den größten Ölreserven der Welt vor dem Kollaps, es gibt die höchste Inflation der Welt und Normalbürger bekommen in Supermärkten kaum noch Lebensmittel. Zuletzt nahmen landesweit Plünderungen zu.

Wie die auf Konfliktstudien spezialisierte Organisation "Observatorio Venezolano de Conflictividad Social" (OVCS) in Caracas mitteilte, wurden 2017 insgesamt 9787 Demonstrationen und andere Arten von Protestaktionen gezählt - dies dürfte weltweit ein Spitzenplatz sein. Das OVCS steht der Opposition nahe, offizielle Zahlen liegen nicht vor. Die Organisation zählte auch im neuen Jahr bisher bereits 386 Demonstrationen sowie 107 Plünderungen und Plünderungsversuche.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: