Venezuela:Die Fassade ist gefallen

Der Präsident entmachtet das Parlament. Er will eine Diktatur.

Von Boris Herrmann

Zwei Parlamente gibt es inzwischen in Venezuela. Das heißt aber nicht, dass das Volk doppelt so souverän wäre wie früher, im Gegenteil. Der Wille des Volkes wird schon seit 2015 nicht mehr respektiert. Damals eroberte die Opposition bei den bislang letzten freien Wahlen die Mehrheit in der Nationalversammlung. Dieses Parlament wurde nun offiziell kaltgestellt - von der sogenannten Verfassungsversammlung, die Präsident Maduro mit Vasallen besetzt hat.

Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass Maduro eine Diktatur errichten will. Das jetzt entmachtete Parlament war nie wirklich an der Macht. Maduro hat zweieinhalb Jahre lang weitgehend ungestört am Wählerwillen vorbeiregiert. Nicht die Demokratie ist soeben gefallen, sondern die demokratische Fassade. Und was für die Legislative gilt, gilt auch für die Justiz. Die in die Flucht getriebene Generalstaatsanwältin Ortega war so lange wohlgelitten, wie sie linientreu ermittelte. Von einem Rechtsstaat kann schon lange nicht mehr die Rede sein.

Alle Drohungen und Sanktiönchen der vergangenen Wochen haben Maduro eher geholfen. Er nutzt das für seine anti-imperialistische Propaganda. Die ist auch deshalb so bizarr, weil sein Regime von internationalen Kapitalgebern abhängt, darunter China, Russland und die US-Ölwirtschaft. Die Petrodollars helfen aber nicht dem darbenden Volk, sie verhindern nur den Sturz des Diktators.

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