Vatikan:Neues Gericht gegen Missbrauch

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Der Papst will Bischöfe, die bei der Vertuschung von Missbrauchsfällen helfen, vor eine Art Sondertribunal bringen. Zudem soll ein neuer kirchenrechtlicher Straftatbestand geschaffen werden.

Von Stefan Ulrich, München

Der Vatikan verschärft den Kampf gegen den Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche. Papst Franziskus ordnete jetzt an, eine Art Sondertribunal für Bischöfe zu gründen, die Missbrauchsfälle in ihren Diözesen vertuschen oder nicht angemessen verfolgen. Zudem soll im kanonischen Recht ein neuer Tatbestand des "Missbrauchs des Bischofsamts" eingeführt werden, der solche Vertuschungsmanöver unter Strafe stellt. Das teilte Vatikansprecher Federico Lombardi am Mittwoch in Rom mit. Der Papst kommt damit Forderungen von Missbrauchsopfern und Kirchenkritikern nach, die verlangen, der Vatikan müsse energischer gegen Pädophilie in der Kirche vorgehen.

Die Beschlüsse des Papstes folgen den Vorschlägen, die die Päpstliche Kommission für Kinderschutz unter Leitung von Kardinal Seán Patrick O'Malley erarbeitet hat. Dem Gremium gehören auch eine Frau und ein Mann an, die als Kinder selber von Priestern missbraucht worden sind. Die Kommission setzt sich dafür ein, nicht nur straffällig gewordene Priester, sondern auch die für sie verantwortlichen Bischöfe zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie bei der Aufklärung versagen.

Künftig sollen nun die Bischofs-, Missions- und Ortskirchen-Kongregationen im Vatikan - sie sind entfernt mit Ministerien vergleichbar - alle entsprechenden Anzeigen gegen Bischöfe entgegennehmen. Die Glaubenskongregation soll dann die Prozesse führen. Dazu wird in der Glaubenskongregation eine international besetzte Justizabteilung geschaffen, deren Leiter im Rang eines Erzbischofs der Papst ernennt. Nach fünf Jahren will Franziskus überprüfen lassen, ob sich das neue System bewährt hat. Kritiker werfen der katholischen Kirche vor, die Verbrechen des Kindesmissbrauchs in ihren Reihen lange massiv unterschätzt oder systematisch verheimlicht zu haben. Unter Papst Benedikt begann die Kirche dann, sich offener mit dem Problem auseinanderzusetzen. Franziskus führt diesen Kurs fort.

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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