Vaterschaftsprozess:Menschenrechts-Gericht weist Klagen leiblicher Väter ab

Die rechtliche Vaterschaft wiegt schwerer als die biologische: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine Klage zweier leiblicher Väter zurückgewiesen. Sie haben keinen Anspruch auf rechtliche Anerkennung ihrer Vaterschaft, wenn das Kind in einer anderen Familie lebt.

Biologische Väter haben nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) keinen Anspruch auf Anerkennung der Vaterschaft, wenn Mutter und Kind als Familie mit einem anderen Mann zusammenleben, der rechtlich als Vater gilt. Mit dem am Donnerstag verkündeten Urteil wies der Straßburger Gerichtshof zwei Menschenrechtsbeschwerden von Männern aus Deutschland ab.

Vaterschaftstest

In einem Labor für DNS-Analysen wird von einem Schnuller eine Speichelprobe entnommen. Zwei Männer hatten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für mehr Rechte der leiblichen Väter geklagt.

(Foto: dpa)

Die deutsche Regelung verletze weder das Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens noch verstoße sie gegen das Diskriminierungsverbot. Zwei Männer aus Nordrhein-Westfalen und Berlin hatten vor dem EGMR geklagt. Der 41-jährige Berliner ist nachgewiesenermaßen der biologische Vater seiner heute sieben Jahre alten Tochter. Die Mutter lebte bereits vor der Geburt mit einem anderen Mann zusammen, der die Vaterschaft für sich anerkannte. Das Paar hat das gemeinsame Sorgerecht für das Mädchen.

Ein wenig anders ist der Fall bei einem 40 Jahre alten Mann aus Willich. Dieser geht lediglich davon aus, der leibliche Vater der 2005 geborenen Tochter seiner früheren Ehefrau zu sein. Deren neuer Partner erkannte jedoch nach der Geburt des Kindes die Vaterschaft an. Das Paar bekam später zwei weitere Kinder und heiratete. Beide Männer versuchten in Deutschland vergeblich, die rechtliche Vaterschaft der neuen Partner der Mütter anzufechten. Dem 40-Jährigen aus Willich wurde auch die amtliche Feststellung der biologische Vaterschaft durch einen Gentest verweigert. Die Kläger zogen bis vor das Bundesverfassungsgericht, das ihre Beschwerden aber nicht zur Prüfung annahm.

Der EGMR kam nun in beiden Fällen zu der Auffassung, dass die Entscheidungen der deutschen Gerichte zwar einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Privatlebens darstellten. Gleichzeitig befand der Gerichtshof jedoch, dass diese Entscheidungen keinen Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Familienlebens bedeuteten, da niemals eine enge persönliche Bindung zwischen den Beschwerdeführern und den Kindern bestanden hatte.

Der EGMR interpretierte die Entscheidungen der deutschen Gerichte dahingehend, dass sie einer bestehenden Familie zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater, der sich regelmäßig um es kümmert, Vorrang einzuräumen sei gegenüber der Beziehung zwischen dem (angeblichen) leiblichen Vater und seinem Kind. Die Konventionsstaaten seien zwar verpflichtet, den Umgang des leiblichen Vaters mit dem Kind zu ermöglichen, wenn dies im Interesse des Kindeswohls liege.

Daraus folge aber nicht notwendigerweise eine Verpflichtung, biologischen Vätern die Möglichkeit zu geben, den Status des rechtlichen Vaters anzufechten. Die Mitgliedstaaten der Menschenrechtskonvention - darunter auch Deutschland - hätten in solchen Fällen einen weiten Beurteilungsspielraum. Das Urteil des EGMR ist noch nicht rechtskräftig. Die Kläger können innerhalb von drei Monaten die Verweisung an die Große Kammer beantragen.

Bei einer ähnlichen Klage gegen Deutschland hatte der Straßburger Gerichtshof dem leiblichen Vater Recht gegeben. Er wollte allerdings nicht die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes anfechten, sondern forderte nur ein Umgangsrecht mit seinem Kind.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: