Auch drei Tage nach dem Rücktritt der Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch ist offen, wer die Linkspartei künftig führen wird. Seit Freitag ist jedoch klar, dass es nicht zu der bisher favorisierten Doppelspitze aus dem früheren Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch und der stellvertretenden Parteichefin Sahra Wagenknecht kommen wird.
Aus dem Umfeld Wagenknechts verlautete, die Lebensgefährtin Oskar Lafontaines habe kein Interesse, die Partei zusammen mit Bartsch zu führen. Eine offizielle Begründung dafür wurde nicht verbreitet. In Berlin hieß es jedoch, Wagenknecht könne zwar in Talkshows und bei anderen öffentlichen Auftritten brillieren. Ihre Stärke liege aber sicher nicht im Führen und Organisieren einer Partei.
Außerdem interessiere sie sich eher für den Fraktionsvorsitz - und habe kein ausreichendes Vertrauensverhältnis zu Bartsch. Dieser gilt als parteiinterner Gegenspieler Lafontaines.
Trotz Aufforderungen aus zahlreichen Landesverbänden wollte sich Lafontaine auch am Freitag nicht zu seinen Ambitionen äußern. Es gilt als sicher, dass der ehemalige Vorsitzende auf dem Parteitag Anfang Juni gewählt werden würde. An seine Seite müsste wegen der Quote dann eine Frau zur Ko-Vorsitzenden bestimmt werden.
Als aussichtsreichste Kandidatinnen dafür werden die Berliner Ex-Senatorin Carola Bluhm, die stellvertretende Bundesvorsitzende Katja Kipping und die parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann gehandelt. Wagenknecht könnte dann an der Seite Gregor Gysis die Fraktion leiten.
Kritik an Lafontaine
Lafontaine hat sich offenbar noch nicht endgültig entschieden, ob er die Partei zum dritten Mal in eine Bundestagswahl führen will. Außerdem zögert er wegen der anstehenden Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen: In beiden Ländern droht die Linke aus den Parlamenten zu fallen. Lafontaine möchte nicht mit den möglichen Niederlagen in Verbindung gebracht werden.
Kritiker werfen ihm vor, dadurch die Wahlchancen der Linken zu schmälern. Lafontaine könne mit der Ankündigung seiner Kandidatur zumindest in Nordrhein-Westfalen die Aussichten deutlich verbessern. Wegen der enormen Bedeutung des Landes für die Westausdehnung der Linken müsse alles getan werden, um ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde zu verhindern.
Die Linke wäre allerdings auch dann noch in jedem zweiten West-Parlament vertreten, wenn sie aus den Landtagen in Düsseldorf und Kiel fällt. Derzeit sitzen in 13 der 16 deutschen Landtagen Abgeordnete der Linken.
Falls Lafontaine nicht antritt, könnte es zu einer Doppelspitze aus Bartsch und einer West-Frau kommen. Ein theoretisch ebenfalls mögliches Duo aus dem bisherigen Ko-Vorsitzenden Klaus Ernst und einer Ost-Frau gilt als unwahrscheinlich.
Ernst hat bisher nicht mitgeteilt, ob er in Göttingen noch einmal antreten will. Bartsch ist deshalb zur Zeit der einzige offizielle Kandidat. Am Samstag kommt zum ersten Mal seit dem Rücktritt von Lötzsch der Bundesvorstand der Linken zusammen. Dabei werden aber keine Entscheidungen erwartet.