V-Mann Frenz:Diener zweier Herren

NPD-Mitbegründer Wolfgang Frenz berichtete jahrzehntelang dem Verfassungsschutz.

Annette Ramelsberger

Der Mann schlief im "Pagenzimmer" neben dem Prinzen, er hörte sich nächtelang dessen Lebensgeschichte an und machte den Weg bereit für seinen Herrn mit den feinen italienischen Schuhen - den Prinzen Salm zu Horstmar, einem Ritterkreuzträger mit väterlicher Apanage. Dieser war 1965 zum ersten Landesvorsitzenden der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) in Nordrhein-Westfalen gewählt worden. Sein Page war Wolfgang Frenz, einer der Gründerväter der NPD. Was Frenz berichtet, das entspricht dem Stil der Männer, die voll Wehmut und Verklärung auf die Anfangsjahre der 1964 gegründeten NPD zurückblicken, in denen sie als "Knappen" der " Sache" dienten.

Der treue Knappe

Der treueste dieser Knappen war nach eigener Darstellung Frenz, und glaubt man seinen Erzählungen, so hat er den NPD-Verband Nordrhein-Westfalen fast ganz alleine aufgebaut. Er leitete die Versammlungen, er organisierte die Lokale, in denen die Mitglieder zusammenkamen, er gründete die Kreisverbände. Und treu wie Frenz der Partei und dem Prinzen diente, diente er auch einer anderen Obrigkeit - dem Verfassungsschutz.

Der Treueste der Treuen, den sie intern den "Inspektor" nannten, weil er ständig alles kontrollierte, war nach eigenen Angaben 36 Jahre lang V-Mann des Verfassungsschutzes. 600 bis 800 Mark bekam der Getreue im Monat für seine Berichte - und ganz ordentlicher Parteimann, hat er die Summe versteuert und dann in die NPD-Kasse einbezahlt.

Frenz kennt alle und jeden in der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands. In dem Buch "Alles Große steht im Sturm", mit dem die NPD 1999 ihr 35-jähriges Bestehen feierte, prahlt Frenz mit Förderern aus rechten besseren Kreisen. "Selbst der Reichskanzlera.D. Franz von Papen bekundete in einem Brief Sympathien für die NPD", schreibt er.

Besonders stolz war Frenz, dass "der königlich-preußische Major im großen Generalstab, Waldemar Papst, hinzustieß, der 1920 die Spartakistenaufstände in Berlin niederschlug und deren führende Köpfe Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg liquidieren ließ". Frenz machte schnell Karriere in der NPD, er saß im Landesvorstand NRW, bald auch im Bundesvorstand.

Vor allem in den siebziger und achtziger Jahren berichtete er an den Verfassungsschutz. Dann lief der Mann mehr und mehr aus dem Ruder. Er verstieg sich zu immer wirreren anti-jüdischen Weltverschwörungstheorien und wurde schließlich 1995 "abgeschaltet", also als Informant entlassen. 1998 brachte Frenz ein Buch heraus, aus dem in den Anträgen für ein Verbot der NPD ausführlich zitiert wird: "Über den Verlust der Väterlichkeit oder Das Jahrhundert der Juden".

Die antisemitische Hetzschrift wurde 1999 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften auf den Index gesetzt.

Das Buch ist ein Brevier für alle Ausländerfeinde, Antisemiten und Weltverschwörungs-Theoretiker. Darin bezeichnet Frenz Adolf Hitler als "Jahrtausendgestalt der Geschichte". Er schreibt: "Hitler mit seinem Antisemitismus war genau gesehen ein Glücksfall für die Juden. Aus diesem hitlerischen Antisemitismus entstand die euphorisch stimmende semitische Massenhysterie, die zur Gründung des Staates Israel führte, dessen nationalistischer Größenwahn bisher die Welt in Atem hält." Und er versteigt sich zu der Aussage: "Wenn es Auschwitz nicht gegeben hätte, müsste es für die Juden von heute erfunden werden. Denn Auschwitz ist die Machtergreifung durch das vernetzte Judentum."

Frenz betrachtet die "weiße Rasse" als höherwertig im Vergleich zu anderen Ethnien und sieht einen Ansturm von "Orientalen" Europa überrennen. Er bezeichnet Menschen, die er für minderwertig hält, als "Gen-Schrott". In den Verbotsanträgen des Bundestags werden seine Äußerungen immer wieder als Beleg dafür angeführt, wie wesensverwandt die NPD der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) Hitlers ist.

So schreibt Frenz von der "Fellachisierung und Mulattisierung der europäischen Mitte" und der "bastardisierten amerikanischen Gesellschaft". Fast wortgleiches Vokabular benutzten auch die Nationalsozialisten. Ziel der NPD-Gegner sei es, "auf unserem Kontinent, eine afro-asiatische Mischrasse mit multikultureller Ausrichtung zu schaffen", schreibt Frenz. Selbst solche Aussagen brachten die NPD nicht dazu, sich von ihm zu distanzieren. Er legte zwar seine Ämter nieder, ist aber weiter NPD-Mitglied. Jetzt wohl nicht mehr lange.

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