USA:Willkommene Kontrolle

Tensions In Baltimore Continue To Simmer After Days Of Riots And Protests Over Death Of Freddie Gray

Ausschreitungen nach der Beerdigung von Freddie Gray am 29. April in Baltimore.

(Foto: Andrew Burton/AFP)

Nach dem Tod des jungen Freddie Gray wird das US-Justizministerium die Zustände in der Polizeibehörde von Baltimore untersuchen. Deren Chef sagt, dass er sich freut - man könne Unterstützung gut brauchen.

Von Nicolas Richter, Washington

Nach dem Tod des 25 Jahre alten Freddie Gray im Polizeigewahrsam und den folgenden gewaltsamen Protesten hat die US-Regierung beschlossen, den Sicherheitsapparat der Ostküsten-Stadt Baltimore zu untersuchen. Obwohl Washington prinzipiell nicht für die Arbeit der Polizei in einzelnen US-Staaten zuständig ist, wird sich das Justizministerium nun zum wiederholten Male in lokale Belange einmischen und überprüfen, ob sich hinter dem Tod Grays ein größeres, systemisches Problem verbirgt.

Der Fall Gray ist nur das neueste Beispiel für polizeiliche Brutalität in Amerikas armen Stadtvierteln. Seit dem vergangenen Sommer haben Polizisten etliche unbewaffnete schwarze Männer getötet, unter ihnen Michael Brown in Ferguson, Eric Garner in Staten Island, Walter Scott in North Charleston, ferner Tamir Rice in Cleveland, der erst zwölf Jahre alt war. Dies hat eine landesweite Debatte über Armut und Hoffnungslosigkeit in Teilen der US-Bevölkerung ausgelöst, aber auch eine Diskussion über das aggressive Auftreten der Sicherheitsbehörden, insbesondere im Umgang mit schwarzen Bürgern.

In den drastischeren Fällen greift die US-Regierung inzwischen routinemäßig ein. So hat sie im Fall Brown und Garner untersucht, ob die Bürgerrechte der beiden Männer verletzt wurden, in diesem Fall gilt die Aufsicht aus Washington dem möglichen Fehlverhalten einzelner Beamter. Aber das Justizministerium kann seine Ermittlungen auch grundsätzlicher anlegen und die Arbeitsweise einer kompletten lokalen Polizeibehörde überprüfen - besonders dann, wenn die Polizei im Verdacht steht, Bürger wegen ihrer Hautfarbe zu diskriminieren. Diese Untersuchungen können ein Politikum sein, weil sie die örtlichen Behörden von Washington bevormundet fühlen oder der US-Regierung vorwerfen, sich auf Kosten kleiner Gemeinden in der Provinz zu profilieren.

Allerdings gibt es auch Beispiele dafür, dass Städte oder deren Sicherheitskräfte selbst um eine Kontrolle der Bundesjustiz bitten, weil sie ihre Probleme aus eigener Kraft nicht in den Griff bekommen. So hat Charles Ramsey, der frühere Polizeichef der Hauptstadt Washington, Ende der Neunzigerjahre um einen Lagebericht des Justizministeriums gebeten. Seine Beamten hatten in den Jahren zuvor überdurchschnittlich viele Bürger erschossen, und Ramsey sagte, man habe dies damals nur mit externer Hilfe ändern können.

Auch Baltimores Bürgermeisterin Stephanie Rawlings-Blake hat in dieser Woche zunächst Hilfe aus Washington beantragt. "Es ist eine gute Sache", sagte ihr Polizeichef Anthony Batts. "Wir können ein bisschen Unterstützung brauchen. Wir haben schon jetzt weniger Beschwerden der Bürger, und weniger Polizisten sind in Schießereien verwickelt. Aber noch spüren es die Leute nicht." Batts sieht in der Kontrolle von außen eine Möglichkeit, das verlorene Vertrauen der eigenen Bürger zurückzugewinnen. Die Staatsanwaltschaft hat im Zusammenhang mit dem Tod Freddie Grays sechs Polizisten angeklagt, aber die Probleme in der Stadt gehen über den Einzelfall hinaus. Die US-Senatorin Barbara Mikulski erinnerte daran, dass Baltimores Polizisten im vergangenen Jahr in 120 000 Fällen Personen angehalten und überprüft haben, bei insgesamt bloß 610 000 Einwohnern. Bürgerrechts-Aktivisten in Baltimore verlangen eine Untersuchung aus Washington schon seit Jahren.

Für die neue US-Justizministerin Loretta Lynch ist der Fall Baltimore gleich die erste große Bewährungsprobe. Im Parlament sagte sie diese Woche, das Justizministerium arbeite nicht nur Straftaten auf, sondern untersuche auch die Ursachen. Präsident Barack Obama, der erste schwarze Präsident der USA, steht unter Druck, etwas gegen die verbreitete Polizeibrutalität zu unternehmen, die oft Angehörige von Minderheiten trifft. Das Thema könnte auch den nahenden Wahlkampf für die Präsidentschaft beherrschen. Die demokratische Kandidatin Hillary Clinton hat verlangt, die "Ära der Masseninhaftierung" zu beenden.

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