USA und al-Qaida:Terror-Absender Guantanamo

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Al-Qaida - Guantanamo und zurück: Viele Häftlinge aus dem US-Gefangenenlager finden nach ihrer Entlassung zurück in die Terrororganisation.

Rudolph Chimelli

Der Jemen ist das ärmste Land der arabischen Welt. Seine Reserven an Wasser und Erdöl schwinden rasch, während die Verelendung des Volkes und die Korruption an der Staatsspitze zunehmen.

Mutmaßliche Al-Qaida-Mitglieder stehen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa vor Gericht, (Foto: Foto: dpa)

Die unbeliebte Regierung von Präsident Ali Abdallah Saleh, der seit 1978 an der Macht ist, kontrolliert nur einen Teil des Staatsgebiets. Kaum irgendwo findet al-Qaida deshalb so günstige Bedingungen.

Vor genau einem Jahr haben sich Extremisten aus dem Jemen und Saudi-Arabien vereinigt zur "al-Qaida der Arabischen Halbinsel", abgekürzt AQAP. Ihr erklärtes Ziel ist der Sturz der Regime beider Länder und die Errichtung eines islamischen Kalifats, sowie der Kampf gegen die Amerikaner.

Ein Teil der jemenitischen Stämme sympathisiert mit den Glaubensvorstellungen der Extremisten. Der staatliche Sicherheitsapparat ist von Qaida-Sympathisanten unterwandert. Chef der AQAP ist Nasser al-Wuhaischi, in Afghanistan einst enger Mitarbeiter von Osama Bin Laden, dessen Familie ursprünglich gleichfalls aus dem Jemen stammt.

Nach der Schlacht um Tora-Bora entkam Wuhaischi nach Iran, wurde inhaftiert und von den Iranern später an den Jemen ausgeliefert. Zusammen mit 22 anderen Qaida-Kämpfern konnte Wuhaischi im Jahre 2006 aus einem Hochsicherheits-Gefängnis in der Hauptstadt Sanaa ausbrechen. Der Verdacht, Sicherheitsleute hätten geholfen, lag nahe.

Der zweite Mann der AQAP ist der Saudi Said al-Schihri. Er war in Guantanamo, wurde von den Amerikanern im November 2007 in die Heimat überstellt und setzte sich schon nach wenigen Wochen aus einem komfortablen saudischen Umerziehungslager in den Jemen ab.

Noch ein weiterer Guantanamo-Häftling, Mohammed al-Aufi, ging diesen Weg und wurde zu einer Qaida-Größe im Jemen. Von den 198 verbliebenen Guantanamo-Insassen sind 91 Jemeniten. Mindestens 27 aus Guantanamo Entlassene haben sich al-Qaida angeschlossen.

Diese Verhältnisse sind nicht neu, erregen aber erst internationale Aufmerksamkeit seit dem Anschlagsversuch auf ein US-Flugzeug. Der Angreifer Umar Faruk Abdulmutallab erhielt nach eigenen Angaben Ausbildung und Sprengstoff von al-Qaida im Jemen.

Schon im Oktober 2000 attackierte ein Qaida-Kommando mit einem Schlauchboot vor Aden das amerikanische Kriegsschiff USS Cole an und tötete 17 Matrosen. Im November 2002 wurde der damalige Qaida-Chef Abu Ali al-Harithi zusammen mit sechs Genossen von einer amerikanischen Predator-Drone im Osten des Jemen bei Marib getötet. Noch im vorletzten Jahr erfolgte ein Attentat auf die US-Botschaft in Sanaa.

Im Video: Nach Anschlagsdrohungen von Al Kaida bleiben die diplomatischen Vertretungen der USA und Großbritanniens im Jemen vorerst geschlossen.

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Die jüngsten Schläge von US-Dronen gegen angebliche Qaida-Ansammlungen in den separatistisch gesinnten südjemenitischen Provinzen Abian und Schabwa, die im Dezember Dutzende von Todesopfern forderten, suchte die Regierung in Sanaa mit Angriffen ihrer Luftwaffe zu kaschieren. Denn dass Saleh die Amerikaner in seinem Reich agieren lässt, ist ausgesprochen unbeliebt. Wegen der bei den Angriffen getöteten 40 Frauen und Kinder wurde Verteidigungsminister Raschid al-Alimi im Parlament kritisiert.

Oppositionspolitiker und Zeitungen im Süden klagen die Regierung an, sie töte Zivilisten, um Washington zufrieden zu stellen. Ein Stammesführer wurde mit den Worten zitiert: "Amerika sagt, es hilft dem Jemen, die Terroristen auszurotten. Aber Amerika hilft nur dabei, Unschuldige umzubringen."

Bei einer Protestversammlung in Abian, die vom TV-Kanal al-Dschasira übertragen wurde, traten Separatisten und Qaida-Führer Ende Dezember gemeinsam auf. "Wir tragen Bomben für die Feinde Allahs", rief einer der Sprecher. Die Aufnahmen wurden von amerikanischen Auswertern zur Grundlage der Luftschläge gemacht.

Seit Jahren unterstützen US-Experten Sondereinheiten der Sicherheitskräfte und der Küstenwache im Jemen, ohne dass dies an die große Glocke gehängt wird. Im letzten Jahr hat Washington dafür 67 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Heuer soll der Betrag verdoppelt werden.

Die Entwicklungshilfe für zivile Zwecke ging dagegen von 56 Millionen Dollar im Jahr 2000 auf 25 Millionen im Jahr 2008 zurück. Kritiker weisen regelmäßig darauf hin, dass viel mehr getan werden müsste, um die soziale Misere zu vermindern, die dem Terrorismus förderlich ist.

Ein besonderer Fall ist der des Scheichs Ali Hassan al-Moaied. Er war Imam der größten Moschee in Sanaa sowie ein führendes Mitglied der jemenitischen Reform-Vereinigung und behauptet selbst, Bin Ladens geistlicher Berater gewesen zu sein. Im Januar 2003 wurde er in einem Frankfurter Hotel verhaftet und an die USA ausgeliefert, weil die Amerikaner ihm vorwarfen, er habe al-Qaida und die palästinensische Hamas mit Millionenbeträgen unterstützt.

Moaied wurde zu 75 Jahren Gefängnis verurteilt, bevor eine Berufungsinstanz den Spruch aufhob. Als er im September letzten Jahres heimkehrte, wurde er in Sanaa von einer großen Delegation begrüßt, der drei Minister angehörten.

© SZ vom 04.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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