USA:Trumpcare stößt nicht nur im Senat auf Widerstand

Mitch McConnell, John Barrasso

Kämpft gegen viele Gegner: Mitch McConnell, Republikanerchef im Senat.

(Foto: J. Scott Applewhite/AP)

Trotzdem wollen die Republikaner das Gesetz im Juli verabschieden.

Von Sacha Batthyany, Washington

Beim Gesundheitsgesetz, über das der Senat diese Woche hätte abstimmen sollen, hat sich Mitch McConnell verspekuliert. Vorerst. Der Chef der Republikaner im Senat spricht seit Jahren davon, die Gesundheitsreform von Barack Obama durch "ein besseres System" zu ersetzen. Noch im März gab er etwas vollmundig an, er bräuchte wohl keine Woche, um eine neue Gesundheitsreform im Senat zu verabschieden. Doch aufgrund fehlender Mehrheiten innerhalb der eigenen Partei musste er die Abstimmung nun auf voraussichtlich Mitte Juli vertagen.

McConnell ging davon aus, mit dem gemeinsamen Ziel, Obamacare abzuschaffen, genug konservative und moderate Senatoren vereinen zu können. Doch seine Rechnung ging nicht auf. Statt ein Gesetz in offenen Anhörungen und Diskussionen zu erstellen, ließ er 13 Senatoren über Wochen hinter verschlossenen Türen einen Entwurf ausarbeiten. Auch dies hat sich als Fehler entpuppt. Denn manchen Republikanern ging der neue Entwurf nicht weit genug. Sie würden am liebsten alle Obamacare-Regulierungen abschaffen und das Gesundheitssystem den Kräften des freien Marktes aussetzen.

Für die Republikaner geht es um viel, das Ende von Obamacare war ein Wahlversprechen

Andere Senatoren sehen sich zu Hause in ihren Bundesstaaten mit einer Heroin-Katastrophe konfrontiert. Sie sind auf eine Erweiterung von Medicaid, der Krankenversicherung für Arme, angewiesen und können die Kürzung der Gelder ihren Wählern nicht erklären. Senatorinnen wie Lisa Murkowski aus Alaska hingegen beklagten die Budgetkürzungen bei Planned Parenthood, einer Gesundheitsorganisation mit mehr als 600 Kliniken, die Geburtenkontrollen und Vorsorgeuntersuchungen anbietet - aber auch Abtreibungen vornimmt.

Im Dilemma zwischen all den verschiedenen Interessen schlug sich Mitch McConnell "auf die Seite der Konservativen", sagt der Gesundheitsökonom Richard Frank, Professor an der Harvard Medical School. Sein Gesetzentwurf diene einzig den Wohlhabenden, da Steuern auf Reiche entfielen. McConnell könnte in einer Überarbeitung mehr in die Mitte rudern, sagt Frank, könnte etwa die Zuschüsse für Planned Parenthood sichern, "um Murkowskis Stimme zu holen". Doch dann liefe er Gefahr, konservative Senatoren wie Ted Cruz aus Texas zu verlieren, der die Geburtenkliniken am liebsten eigenhändig schließen würde.

McConnells Entwurf hatte auch außerhalb des Parlaments viele Gegner. Ärzteverbände und Patientenorganisationen sprachen sich dagegen aus, in Umfragen kam das Gesetz zum Teil auf weniger als 20 Prozent Zustimmung. Zahlreiche republikanische Gouverneure, darunter John Kasich aus Ohio, sagten, sie können ihren neu versicherten Bürgern, zumeist älteren Menschen, die nie zuvor eine Versicherung besaßen, nicht erklären, warum man ihnen den Schutz wieder wegnehme. Nicht zuletzt tat auch McConnells Gegenpart bei den Demokraten, Chuck Schumer, alles dafür, die demokratischen Senatoren auf Linie zu halten.

Ob die Pause McConnell nützt, ist fraglich, sagt Gesundheitsexperte Richard Frank. "Viele Senatoren werden die Ferien nach dem Unabhängigkeitstag am 4. Juli zu Hause verbringen, wo sie von Aktivisten und besorgten Wählern belagert werden." Das spiele McConnell nicht gerade in die Hände.

Für die Republikaner geht es um viel. Die Abschaffung von Obamacare fordern sie seit Jahren. Präsident Donald Trump versprach im Wahlkampf, die Gesundheitsreform seines Vorgängers "am ersten Tag" rückgängig zu machen. Scheitert das Gesetz an fehlenden Mehrheiten, wäre das für Trump eine Blamage und ein Zeichen von Schwäche, weil es ihm nicht gelungen ist, genug Senatoren hinter sich zu scharen. Doch noch ist es nicht so weit. Trump beorderte am Dienstag die republikanischen Senatoren ins Weiße Haus. "Wir sind nahe dran", sagte er ihnen und zeigte sich zuversichtlich: "Lasst uns Großes zustande bringen."

Nach dem Treffen wurde Kritik laut, der Präsident würde sich zu wenig für die Reform der Gesundheitsversorgung engagieren. Die republikanische Senatorin Susan Collins sagte, Trump sei der erste Präsident "ohne politische und militärische Erfahrung", womit sie wohl andeuten wollte, wie wenig er sich um die Details im Gesetzentwurf schere. Trump reagierte darauf in gewohnter Manier. "Ich kenne mich gut aus & möchte einen Sieg für die USA", twitterte er.

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