USA:Trump und sein Stabschef - ein ungleiches Paar

USA: US-Präsident Donald Trump im Juli 2017 bei der Vorstellung seines Stabschefs John Kelly.

US-Präsident Donald Trump im Juli 2017 bei der Vorstellung seines Stabschefs John Kelly.

(Foto: AFP)
  • Stabschef John Kelly hat Ordnung ins Weiße Haus gebracht.
  • Doch die strengen Regeln erregten den Unmut des Präsidenten. Trump mag es nicht, wenn man ihm sagt, wen er treffen darf, was er lesen oder anschauen soll.
  • In den vergangenen Wochen soll die Beziehung zwischen Trump und Kelly allerdings erheblichen Schaden genommen haben.

Von Hubert Wetzel, Washington

Vor ein paar Monaten hätte sich John Kelly fast geprügelt. Das war Anfang November, Kelly begleitete US-Präsident Donald Trump nach China. Vor einem Treffen kam es zu einem Gerangel: Ein chinesischer Sicherheitsmann wollte jenen US-Offizier, der sich stets mit dem "Football" in der Nähe des Präsidenten aufhält, nicht in den Raum lassen. Der Football ist die Tasche, in dem sich die Abschusscodes für die US-Atomraketen befinden.

Ob der Chinese das wusste, ist unklar. Jedenfalls wollte er den Amerikaner anhalten. Daraufhin kam Kelly, Trumps Stabschef, angestürmt und befahl dem Offizier, weiterzugehen. Der Chinese packte Kelly, der schlug die Hand weg. Ein amerikanischer Secret-Service-Agent rang den Chinesen dann zu Boden. Peking entschuldigte sich später für den Zwischenfall.

Daheim in Washington benimmt sich Kelly ganz ähnlich. Der ehemalige Marineinfanterist führt das Weiße Haus mit eiserner Hand, Widerstand duldet er nicht, er ringt ihn nieder. Dass das Weiße Haus keine Chaosbude mehr ist, durch die lauter Intriganten schleichen, sondern eine halbwegs funktionsfähige Regierungszentrale, verdankt Trump in erster Linie Kelly.

Über Kellys Zukunft wird offen spekuliert

Dennoch gibt es in Washington keine Person, über deren politische Zukunft derzeit so offen spekuliert wird wie Kelly. Der Präsident, so heißt es, habe das strenge Regiment des früheren Vier-Sterne-Generals längst satt. Kelly sei nur noch im Amt, weil Trump sich nicht traue, ihn zu feuern und auch nicht wisse, wen er als Nachfolger installieren solle.

Trump und Kelly sind ein ungleiches Paar. Doch der Präsident hatte zunächst offenbar großen Respekt vor dem ehemaligen Soldaten und Kriegsveteranen. Zu Beginn seiner Amtszeit ernannte er Kelly zuerst zum Heimatschutzminister, im Sommer 2017 machte er ihn zum Stabschef. In den Monaten danach räumte Kelly im Weißen Haus auf, er entließ etliche Mitarbeiter, deren einzige Qualifikation darin bestand, mit Trump befreundet zu sein. Und er reglementierte scharf, wer mit dem Präsidenten sprechen durfte und welche Informationen Trump auf den Tisch bekam.

Das Weiße Haus arbeitete unter Kelly spürbar professioneller. Doch die strengen Regeln erregten auch den Unmut des Präsidenten. Trump mag es nicht, wenn man ihm sagt, wen er treffen oder anrufen darf, was er lesen oder anschauen soll. Aber er wusste, was er an Kelly hatte. Immer wenn die Gerüchte über ein Zerwürfnis zu laut wurden, steuerte Trump gegen und lobte seinen Stabschef öffentlich.

Trump soll über eine implizite Zurechtweisung bis heute verärgert sein

In den vergangenen Wochen soll die Beziehung allerdings erheblichen Schaden genommen haben. Das lag zum einen an einem Interview, das Kelly Mitte Januar dem Sender Fox News gegeben hat. Der Stabschef sagte darin, Trump sein "nicht umfassend informiert" gewesen, als er im Wahlkampf vom Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko gesprochen habe. Seine Pläne dafür hätten sich "weiterentwickelt". Das klang so, als weiche Trump nicht nur sein wichtigstes Wahlversprechen auf, sondern als sei der Präsident auch etwas zu dumm, um ganz zu überblicken, was er da so daherrede. Trump soll über diese implizite Zurechtweisung durch einen Untergebenen vor Wut außer sich gewesen sein und Kelly bis heute nicht verziehen haben.

Danach kam die Affäre Rob Porter. Zwei ehemalige Ehefrauen hatten dem Büroleiters des Präsidenten vorgeworfen, sie einst physisch und psychisch misshandelt zu haben. Es gab Beweisfotos und Polizeiberichte, das FBI verweigerte Porter aufgrund der Vorfälle eine dauerhafte Sicherheitsfreigabe. Trotzdem ließ Kelly Porter weiterarbeiten und stärkte diesem in einer ersten Stellungnahme, als die Vorwürfe öffentlich wurden, sogar den Rücken. Er habe über die Details der Vorwürfe, vor allem über die physische Gewalt, nicht Bescheid gewusst, sagte Kelly. Das war vielleicht gelogen, in jedem Fall aber hätte er als Stabschef Bescheid wissen müssen. Kellys Krisenmanagement in der Affäre Porter war ein reines Desaster.

Mitarbeiter im Weißen Haus halten Kelly für arrogant

Berichten zufolge hat das Kelly in den Augen von Trump viel Ansehen gekostet. So toll, schlau und kompetent, wie alle behaupten, sei Kelly wohl doch nicht, soll der Präsident hämisch zu Bekannten gesagt haben - eine typische Trump-Bemerkung: Den Präsidenten hat stets irritiert, dass sein Stabschef in den Medien als Trump-Dompteur dargestellt wurde. Der Dämpfer für Kelly kam da gerade recht. Und auch etliche Mitarbeiter im Weißen Haus haben ihre Meinung über Kelly offenbar geändert. Sie halten ihn für arrogant und sind verbittert, dass er alle Schuld an der Porter-Affäre von sich abwälzen wollte.

Nach Ansicht eines Washingtoner Beobachters, der Kelly kennt, war das Zerwürfnis zwischen dem Präsidenten und dem Stabschef unvermeidlich. Kelly habe als ehemaliger Soldat nie verstanden, wie Politik funktioniert. Zugleich sei er in einer unmöglichen Position, weil er für einen erratischen Präsidenten arbeite, der selbst keine Disziplin kenne und dauernd lüge.

In Washington kursieren derzeit mehrere Namen von möglichen Kelly-Nachfolgern. Allerdings heißt das nicht, dass der Stabschef kurz vor dem Rauswurf steht. Es ist gut möglich, dass Trump selbst nicht weiß, ob er Kelly halten will oder nicht.

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