USA: Timothy Geithner:Der Finanzminister als Steuersünder

Einer der wichtigsten Männer Obamas, Timothy Geithner, muss viel Kritik einstecken. Dennoch wird er das Amt wohl antreten.

C. Wernicke

Der künftige US-Präsident Barack Obama sieht sich gezwungen, seinen designierten Finanzminister Timothy Geithner gegen den Verdacht jahrelangen Steuerbetrugs zu verteidigen. Obama räumte ein, Geithners inzwischen erfolgte Nachzahlung von mehr als 48.000 Dollar Steuerschulden und Strafzinsen sei "eine Peinlichkeit". Geithner habe jedoch nur "einen unschuldigen Fehler" begangen.

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Der Finanzausschuss des Senats, der Geithners Ernennung bestätigen muss, verschob seine Anhörung vorerst auf Mittwoch nächster Woche, den Tag nach Obamas Amtseinführung. Es gilt als wahrscheinlich, dass der 47-jährige Minister die Affäre überstehen wird: Auch führende Republikaner erklärten, Geithner sei "überaus kompetent" und angesichts der schwelenden US-Wirtschaftskrise "unentbehrlich".

Intern zeigten sich auch demokratische Senatoren verwundert über Details von Geithners Problemen mit einer Behörde, der er künftig vorstehen soll: Die US-Steuerverwaltung (Internal Revenue Service) hatte den damaligen Notenbanker 2006 überprüft und entdeckt, dass er in den Jahren 2003 und 2004 nicht die fälligen Abgaben für die staatliche Rentenversicherung und für die Alterskrankenversicherung geleistet hatte.

Der Finanzexperte hatte von 2001 bis 2003 als Beamter dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gearbeitet und offenbar geglaubt, deshalb von sämtlichen US-Abgaben befreit zu sein. Allerdings weist der IWF auf jeder Gehaltsabrechnung aus, dass er US-Angestellten die Hälfte der US-Sozialabgaben erstattet.

Geithner reagierte 2006 prompt auf die Mahnung der Steuerverwaltung und zahlte knapp 17000 Dollar nach. Auf die Idee, ebenso seine fälschlichen Steuererklärungen für 2001 und 2002 zu korrigieren, kam der Ökonom nicht. Dieses Versäumnis fiel erst im November auf, als ein Team von Obamas Beratern erneut die Unterlagen des künftigen Finanzministers unter die Lupe nahmen. Geithner sah sich gezwungen, im November nochmals etwa 26000 Dollar verspäteten Tribut zu zollen.

Inzwischen drang an die Öffentlichkeit, dass Recherchen von Mitarbeitern des Finanzausschusses des Senat noch weitere Ungereimtheiten in Geithners Steuererklärungen ergaben. So genügten etliche Spenden, die der designierte Minister als steuermindernd geltend machte, nicht den gesetzlichen Anforderungen. Auch die Entdeckung, dass die Geithners mehrere Monate lang eine Hausangestellte mit einer abgelaufenen US-Arbeitserlaubnis beschäftigten, könnte ihm Probleme bereiten.

Dennoch signalisierte der republikanische Senator Chuck Grassley, Geithners Nominierung werde aufgrund der bisher bekannten Fakten kaum scheitern. "Ich habe von niemandem gehört, er wolle deswegen gegen ihn (Geithner) stimmen", sagte der Sprecher der Republikaner im Finanzausschuss. Der einflussreiche Senator Judd Gregg, ebenfalls Republikaner, ließ durchblicken, die Nation könne sich angesichts der Wirtschaftskrise kein Vakuum an der Spitze des Ministeriums leisten: "In diesen Zeiten brauchen wir talentierte Leute wie Tim Geithner."

Weitaus konfrontativer begann am Donnerstag die Anhörung von Eric Holder, dem designierten Justizminister. Republikanische Kritiker hielten Holder vor, er habe als damaliger Vize-Justizminister die überaus umstrittene Begnadigung eines bis heute flüchtigen Finanzbetrügers durch Präsident Bill Clinton mitgetragen.

Auch sollte Holder erläutern, warum er sich Ende der neunziger Jahre für die Begnadigung von 16 Männern aussprach, die einst als puertorikanische Separatisten unter anderem Bombenattentate verübt hatte. Holder bezeichnete das simulierte Ertränken von Gefangenen bei Verhören als Folter. Die USA hätten während des Vietnamkrieges sogar eigene Soldaten strafrechtlich verfolgt, die diese Zwangsmethode angewandt hätten, sagte Holder.

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