USA:Sozialist fürs Weiße Haus

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Hillary Clinton bekommt Konkurrenz aus der eigenen Partei im Rennen ums Weiße Haus - es ist jedoch eine Kandidatur, über die sie eigentlich froh sein kann.

Von Hubert Wetzel

Barack Obama ist ein Freund von Bernie Sanders, deshalb machte er jüngst einen netten Witz über ihn: "Bernie Sanders könnte antreten", verkündete der Präsident sichtlich erfreut in seiner Rede beim alljährlichen Fest der Hauptstadtpresse in Washington. "Ich mag Bernie. Bernie ist ein interessanter Bursche. Offenbar gibt es Leute, die einen kiffenden Sozialisten im Weißen Haus sehen wollen." Dann schob Obama, den die Republikaner ja ebenfalls mit Vorliebe als Sozialisten beschimpfen, die Pointe nach: "Vielleicht erleben wir doch noch eine dritte Obama-Amtszeit. Könnte passieren."

Nein, wird nicht passieren. Barack Obama wird das Weiße Haus im Januar 2017 nach zwei Amtszeiten verlassen. Und Bernie Sanders wird nicht einziehen. Aber er will es versuchen. Am Donnerstag teilte der 73 Jahre alte, parteilose US-Senator aus dem Bundesstaat Vermont offiziell mit, was zuvor nur als Gerücht umhergegeistert war: Er wird in der parteiinternen Vorwahl, in der die Demokraten ihren Präsidentschaftsbewerber für 2016 bestimmen, gegen Hillary Clinton antreten.

Seine Siegchancen sind überschaubar. Die meisten Amerikaner dürften den älteren Herren aus der Nordostecke des Landes nicht einmal kennen. Was Geld und Einfluss betrifft, kann Sanders mit Clinton ohnehin nicht mithalten. Sanders will das zu seinem Vorteil wenden - er stecke nicht in der Tasche von Milliardären und Großkonzernen, sagte er, ein Hieb auf die Großverdienerin Clinton. In der Realität von amerikanischen Wahlkämpfen freilich zählt der Zugang zu Dollars mehr als ein reines Gewissen.

Vielleicht kommt Sanders' Kandidatur Clinton auch gerade recht. Längst nicht alle Demokraten sind mit ihr als einziger Präsidentschaftsbewerberin glücklich. Sie wollen eine echte Vorwahl mit mehreren Kandidaten - nicht die Krönung einer Frau, die meint, sie habe das eben verdient. Diese Kritik kann Clinton nun mit dem Verweis auf Bernie Sanders kontern.

Zudem hält Sanders Clinton andere Konkurrenten vom linken Parteiflügel vom Hals, vor allem Elizabeth Warren. Linke Parteiaktivisten beknien die Senatorin aus dem Bundesstaat Massachusetts seit Monaten, gegen Clinton anzutreten, der sie zu große Nähe zur Wall Street vorwerfen und die sie überhaupt für eine zu reiche, zu abgehobene, zu elitäre Kandidatin halten. Doch Warren sperrt sich.

Nun übernimmt vorerst Sanders den Part des linken Bannerträgers. Zwar ist er kein echter Sozialist (ebenso wenig wie Obama). Weder will er Banken zerschlagen noch irgendetwas Privates verstaatlichen. In Europa wäre er ein linker Sozialdemokrat - kein Kinderschreck also. Aber für US-Verhältnisse vertritt er doch recht weit links liegende Positionen. Was ihm allerdings fehlt, ist der populistische Instinkt, der Warren auszeichnet und erfolgreich machen könnte.

Hillary Clinton ist damit in einer bequemen Lage: Die skeptische Parteilinke ist gespalten, und sie hat einen Alibigegner, gegen den sie aber praktisch nicht verlieren kann. Entsprechend freundlich hieß sie Sanders im Wahlkampf willkommen: "Ich stimme völlig mit Bernie überein", twitterte sie. Das war dann doch ein eher vergifteter Witz.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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