USA: Sicherheit im Luftverkehr:Grapschen verboten

Sexuelle Belästigung oder notwendiger Sicherheitscheck: Immer mehr Amerikaner wehren sich dagegen, am Flughafen auch an intimen Stellen betastet zu werden. Wie so oft inspiriert die Realität die Satiriker.

Lena Jakat

Ihr blond gefärbtes Haar ist frisiert wie in einer Fernsehserie aus den achtziger Jahren, im Hintergrund plätschert belanglose Musik. Dann fragt die Dame im rosa Nachthemdchen in die Kamera: "Fühlen Sie sich einsam zu Thanksgiving?" Der Spot gibt vor, für die TSA (Transportation Safety Administration) zu werben, die Sicherheitsbehörde für die amerikanischen Flughäfen.

TSA Screens Passengers At Denver International Airport

Wer sich in den USA nicht in einen Ganzkörperscanner stellen will, der muss sich seit dem 1. November auch an intimen Stellen abtasten lassen.

(Foto: AFP)

Tatsächlich hat sich der Clip der Satiresendung Saturday Night Live damit eines brisanten Themas angenommen: Denn in den USA wächst der Widerstand gegen den pat down, jene verschärfte Version des üblichen Abtastens, bei dem die Körper der Reisenden Zentimeter für Zentimeter abgesucht werden - inklusive Brust- und Schritt.

Seit dem 1. November werden Fluggäste in den USA schärfer kontrolliert als bislang. Mehr Sicherheit sollen sogenannte Nacktscanner bringen, die den Reisenden bis auf die Haut durchleuchten können. Bislang gibt es laut CNN an 70 US-Flughäfen knapp 350 solcher Geräte, bis Ende nächsten Jahres sollen es 1000 Geräte sein. Wer sich daran stört, dass einen die Sicherheitskräfte ganz ohne Klamotten auf dem Monitor betrachten können, der kann sich auch für einen pat down entscheiden.

Die Empörung im prüden Amerika ist groß und der Satire-Clip trifft einen Nerv. Denn tatsächlich empfinden viele Reisende das Abtasten als sexuelle Belästigung und gehen auf die Barrikaden. Eine Symbolfigur des Protests ist John Tyner. Dabei wollte der 31-Jährige Kalifornier eigentlich nur zum gemeinsamen Jagdwochenende mit seinem Schwiegervater nach South Dakota fliegen. Auf der Website der TSA hatte sich der Nacktscanner-Gegner vor Abflug informiert - und keinen Hinweis über solche Geräte am Flughafen von San Diego gefunden.

In der Sicherheitszone angelangt, stieß Tyner jedoch wider Erwarten auf solche Apparate. Als ihm das pat down als Alternative angeboten wurde, schaltete er sein Handy an, zeichnete den Streit auf und stellte das Video ins Netz. In nur einer Woche wurde es 900.000 Mal aufgerufen. Sein Satz "Wenn du mein Ding anfasst, lass ich dich verhaften", ist zum geflügelten Wort der Gegner des pat down geworden.

Auch andere Amerikaner fühlen sich von den Sicherheitskontrollen sexuell belästigt. Erin Chase, zum Beispiel. Mit ihrem Baby flog die Frau vom Flughafen in Dayton, Ohio, ab. Einen Nacktscanner gibt es dort nicht, deshalb musste sie sich gleich abtasten lassen. "Ich wurde nicht gewarnt", beschwerte sie sich beim Sender Fox News. Danach sei sie so geschockt gewesen, dass ihr die Worte gefehlt hätten, erzählt Chase.

Am Mittwoch, dem "National Opt Out Day", waren die Amerikaner aufgerufen, sich möglichst zahlreich für das Abtasten zu entscheiden, um den Flugbetrieb lahmzulegen. Ein New Yorker kam nur in Unterwäsche zum Flughafen. "Ich möchte den Jungs von der Sicherheitsbehörde einfach die Arbeit erleichtern", sagte Jason Rockwood sarkastisch.

Er war nur in Trägerunterhemd, Boxershorts und Schuhen auf dem New Yorker Flughafen La Guardia aufgetaucht. "Ich glaube nicht, dass das Verfahren uns viel von unserer Würde lässt", sagte Rockwood. "Und deshalb habe ich mich unwürdig angezogen für alle, die ihre Bedenken gegen diese Regeln ausdrücken wollen."

Doch wird an Scannern und Abtasten nicht nur kritisiert, dass diese Sicherheitsvorkehrungen den Reisenden buchstäblich auf die Pelle rücken. Einige Pilotengewerkschaften empfehlen ihren Mitgliedern, sich dem häufigen Durchleuchten schlicht zu widersetzen. Sie befürchten Gesundheitsschäden.

Die TSA hält hingegen daran fest und betont, die Technik sei unkompliziert und sicher.

Die Satire-Seite Scrape TV schickte den Chef der Sicherheitsbehörde, John S. Pistole, in einer fingierten Nachricht selbst zum Abtasten. "Es war nicht nur halb so schlimm, wie behauptet wurde", legten die Macher Pistole in den Mund. "Ich habe die Erfahrung genossen. Der Sicherheitsbeamte, der mich abgetastet hat, war sanft, geduldig und sehr einfühlsam. Ehrlich gesagt, würde ich es jederzeit wieder tun." Auch wenn es wohl nicht die Blondine aus dem falschen TSA-Werbe-Spot war.

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