USA:Senat will Auskunft über angebliche CIA-Geheimgefängnisse

Die Berichte über geheime Gefängnisse unter anderem in Osteuropa haben international für Aufsehen gesorgt. Nun fordern Republikaner und Demokraten Aufklärung.

Der US-Senat hat die Regierung von Präsident George W. Bush aufgefordert, ihn vollständig über angebliche Gefängnisse des Geheimdienstes CIA im Ausland zu informieren.

Kerry, ap

John Kerry

(Foto: Foto: AP)

Der Senat votierte mit 82 zu 9 Stimmen für eine entsprechende Vorlage. Sie fordert den nationalen Geheimdienstdirektor John Negroponte auf, dem zuständigen Senatsausschuss alle geheimen Berichte mit Informationen über Geheimgefängnisse im Ausland zur Verfügung zu stellen.

Die von Senator John Kerry eingebrachte Vorlage verlangt außerdem, dass Negroponte selbst vor dem Ausschuss aussagt.

Die Washington Post hatte am Mittwoch vergangener Woche berichtet, die CIA unterhalte acht geheime Gefängnisse. Zu den Standorten gehörten neben Thailand und Afghanistan auch "mehrere Demokratien in Osteuropa". Rund dreißig der Häftlinge in den Einrichtungen sollen ranghohe Mitglieder des al-Qaida-Netzwerks von Osama bin Laden sein.

Der Mehrheitsführer im US-Senat, Bill Frist, zeigte sich im Zusammenhang mit den Berichten über die geheimen Gefangenenlager allerdings mehr besorgt über eine mögliche undichte Stelle, als über die Lager selbst.

Sie stelle eine größere Gefahr für die nationale Sicherheit dar als das, was in den Lagern geschehe. Er habe keine Bedenken darüber, was dort passiere, betonte Frist. "Meine Sorge sind undichte Stellen, die die Sicherheit gefährden - Ende."

Er wies darauf hin, dass auch der Geheimdienst selbst strafrechtliche Ermittlungen wegen der möglichen Weitergabe sensibler Informationen über geheime Lager an die Zeitung Washington Post gefordert hat.

EU und IKRK planen Untersuchungen

Das Weiße Haus hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Mehrere osteuropäische Regierungen betonten indessen, dass es auf ihrem Territorium keine Lager für mutmaßliche Al-Qaida-Mitglieder gebe. Sowohl die Europäische Union als auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) kündigten bereits Untersuchungen an.

Frist und der Präsident des Abgeordnetenhauses, Dennis Hastert, haben die Geheimdienstausschüsse beider Häuser aufgefordert, Ermittlungen einzuleiten.

Als aus der Regierung von US-Präsident George W. Bush rechtswidrig der Name einer CIA-Agentin an die Öffentlichkeit gelangte und die Frau so enttarnt wurde, hatten Frist und Hastert allerdings nicht protestiert. Die Enttarnung gilt als Racheakt am Ehemann der Agentin, der die Irak-Politik Bushs kritisierte.

Auch mit der Situation der Guantanamo-Häftlinge beschäftigte sich der Senat - und beschloss, diese hätten nicht das Recht, in den USA gegen ihre Haft zu klagen. Der Oberste Gerichtshof hatte den Gefangenen im letzten Jahr dieses Recht zugesprochen.

Insbsondere die Verzögerung der Prozesse gegen die Häftlinge sei "nicht fair gegenüber unseren Truppen im Kampf gegen den Terror", erklärte der republikanische Senator Lindsey Graham.

"Wir haben heute nichts anderes getan, als zur Grundlage der Gesetze bewaffneter Konflikte zurückzukehren, wo wir es mit feindlichen Kämpfern zu tun haben, nicht mit gewöhnlichen Kriminellen", sagte Graham laut New York Times.

Die Klagen der Gefangenen behinderten seiner Aussage zufolge die Ermittler, die aus den Terrorverdächtigen Informationen über die Schlachtfelder in Afghanistan und anderswo herausholen wollen.

Stimmt auch das Repräsentantenhaus dem Beschluss des Senats zu, würden die derzeit 200 anhängigen Klagen von Guantanamo-Insassen nichtig.

Einige Demokraten haben jedoch bereits Widerstand angekündigt - welche Möglichkeiten den Anwälten der Guantanamo-Häftlinge am Ende bleiben, ist noch offen.

Kein unabhängiger Untersuchungsausschuss zu Guantanamo

Im Skandal um Gefangenenmisshandlungen durch US-Soldaten stimmte der US-Senat auch gegen einen unabhängigen Untersuchungsausschuss. Die Senatoren lehnten einen entsprechenden Antrag des demokratischen Abgeordneten Carl Levin mit 55 zu 43 Stimmen ab.

Levin, der führende Demokrat im US-Streitkräfteausschuss, wollte die Folter von Gefangenen durch US-Soldaten in einem unabhängigen Ausschuss untersuchen lassen, wie er beispielsweise nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gebildet wurde.

Das Weiße Haus hatte im Vorfeld der Abstimmung deutlich gemacht, dass es einen solchen Haushaltsnachtrag ablehnt und den Verteidigungshaushalt für das kommende Jahr notfalls ablehnen würde.

Der demokratische Senator Ted Kennedy hatte ebenfalls vergebens für einen Untersuchungsausschuss geworben: Das berüchtigte Gefängnis Abu Ghraib im Irak sei "nur die Spitze des Eisberges" gewesen. "Amerikanische Beamte haben Gefangene im Irak, in Afghanistan und in (dem Gefangenenlager) Guantanamo (in Kuba) misshandelt."

Die Vereinigten Staaten könnten diesen Skandal nur überwinden, wenn es eine umfassende, unabhängige Untersuchung gebe und alle Verantwortlichen "für diese beschämenden Praktiken" zur Rechenschaft gezogen würden, sagte Kennedy.

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