Haushalt:Senat stimmt Trumps Steuerreform zu

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Trumps Steuerreform ist wohl durch: Die Demokraten sprechen von einem skandalösen Weihnachtsgeschenk an Reiche und Konzerne, das die soziale Spaltung in den USA noch vergrößern werde. (Foto: AFP)
  • Der US-Senat hat dem Steuervorhaben von US-Präsident Trump zugestimmt.
  • Das Repräsentantenhaus stimmte ebenfalls dafür, muss seine Abstimmung aber wiederholen.
  • Hintergrund ist, dass mehrere Passagen des Gesetzentwurfs gegen das Haushaltsrecht des Senats verstoßen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Ein klein wenig wirkt der Schlachtenlärm einstudiert, der da dieser Tage aus Washington herüber tönt, aber das muss wohl so sein bei einem solch weitreichenden Gesetz und in einer so aufgeladenen politischen Atmosphäre. Präsident Donald Trump feiert sich in gewohnter Manier bereits als größter Reformer aller Zeiten und sagt seinem Land Wachstumsraten voraus, die selbst der wirtschaftliche Hauptkonkurrent China nur mit Statistiktricks schafft. Die oppositionellen Demokraten wiederum sprechen von einem skandalösen Weihnachtsgeschenk an Reiche und Konzerne, das die soziale Spaltung in den USA noch vergrößern werde.

Die Rede ist von der Steuerreform, die am Dienstag mit den Stimmen fast aller republikanischen Abgeordneten das Repräsentantenhaus passierte. Allerdings erhielt die Regierungsfraktion nur wenig später die Quittung dafür, dass sie den Gesetzentwurf auf Drängen Trumps im Eiltempo zusammengeschustert hatte: Die Vorlage verstößt in einigen Details gegen das Haushaltsrecht des Senats, die Abstimmung muss daher am Mittwoch wiederholt werden. Am Ergebnis dürfte das aber nichts ändern. Der Senat hat mittlerweile dem Vorhaben zugestimmt. Die 51 anwesenden Republikaner stimmten für die Vorlage, alle 48 Demokraten (und Unabhängige) geschlossen dagegen. Angesichts der nur knappen Mehrheit der Republikaner war die Nervosität vor der Abstimmung im Regierungslager groß. Trump will die Reform unbedingt noch vor Weihnachten unterschreiben. Die erneute Abstimmung im Repräsentantenhaus soll im Laufe des Tages erfolgen.

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Für Bürger und Unternehmen fallen eine Reihe von Steuervergünstigungen weg

Mit der Reform soll, vereinfacht gesagt, die Abgabenlast für alle amerikanischen Bürger und Unternehmen verringert, das Wachstum befeuert und die Beschäftigung weiter in die Höhe getrieben werden. Dazu wird der Körperschaftsteuersatz von heute 35 auf 21 Prozent abgesenkt, der Einkommensteuertarif abgeflacht und der Grundfreibetrag auf 12 000 Dollar pro Person verdoppelt. Familienunternehmen, die Einkommen- statt Körperschaftsteuer zahlen, müssen nur noch 80 Prozent ihres Gewinns versteuern.

Überweist ein Konzern seine im Ausland geparkten Erträge in die USA, werden diese einmalig nur noch mit acht bis 15,5 Prozent belastet. Firmen sollen zudem bestimmte Investitionen gleich im ersten Jahr komplett von der Steuer absetzen können, was die Beschaffung neuer, effizienter Maschinen und Software zumindest vorübergehend deutlich beflügeln dürfte. Zugleich fallen allerdings sowohl für Bürger wie für Unternehmen eine Reihe von Steuervergünstigungen weg.

Die Kosten des Gesetzes belaufen sich, über zehn Jahre gerechnet, auf 1,5 Billionen Dollar. Eine Größenordnung, die gewaltig klingt, gemessen an der Wirtschaftsleistung. Aber dem nahe kommt, was auch bei Steuerreformen in anderen Ländern schon diskutiert wurde. Die Republikaner behaupten, dass die Mindererlöse über höheres Wachstum und mehr Jobs praktisch vollständig wieder ausgeglichen werden. Die Demokraten - und mit ihnen fast alle Ökonomen - halten das jedoch für reines Wunschdenken. Sie befürchten, dass das Staatsdefizit massiv anschwellen und bald schon eine Debatte über die Kürzung von Sozialleistungen in Gang kommen wird.

Nach einer Analyse des eher linksliberalen Tax Policy Centers (TPC) werden alle Gehaltsgruppen von den Steuersenkungen profitieren. Das unterste Fünftel der Einkommensbezieher wird allerdings im Schnitt um gerade einmal 60, das oberste Fünftel hingegen um 7640 Dollar im Jahr entlastet. Dass die Ersparnis in absoluten Zahlen gesehen mit wachsendem Einkommen ansteigt, liegt in einem sogenannten progressiven Steuersystem wie dem amerikanischen oder auch dem deutschen in der Natur der Sache. Die Demokraten kritisieren allerdings, dass die Wohlhabenden auch relativ gesehen besser wegkommen als die Geringverdiener: Laut TPC erhöht sich das Einkommen nach Abzug aller Steuern für das unterste Fünftel um gerade einmal 0,4 Prozent, während das Plus für das oberste Quintil 2,9 Prozent beträgt.

Die Demokraten halten die Trickle-down-Theorie für völlig verfehlt

Für die Republikaner hat dieses Vorgehen jedoch Methode. Ihre Philosophie lautet, dass Steuersenkungen für Wohlhabende und große Unternehmen zu mehr Jobs und höheren Löhnen führen, von denen am Ende auch die weniger Betuchten profitieren. Bildlich gesprochen könnte man sagen: Wenn man das Penthouse nur mit genug Schampus flutet, werden einige Tropfen schon bis ins Souterrain mit seinen Sozialmietern durchsickern. Die Demokraten halten diese sogenannte Trickle-down-Theorie hingegen für völlig verfehlt.

Kritik üben viele Experten auch am Zeitpunkt der Reform, denn die US-Wirtschaft läuft mit Wachstumsraten von zuletzt mehr als drei und einer Arbeitslosenquote von gut vier Prozent bereits auf Hochtouren. Zwar hat Trump seinen Landsleuten in Aussicht gestellt, dass sich das Plus unter seiner Führung auf fünf oder gar sechs Prozent verdoppeln könnte. Praktisch alle Ökonomen aber teilen die Ansicht, dass solche Werte, gäbe es sie denn, angesichts der Leistungsfähigkeit der US-Wirtschaft nicht nachhaltig wären, Inflation wie Leitzinsen drastisch in die Höhe treiben und letztlich in eine Rezession münden würden. "Defizitfinanzierte Steuersenkungen kombiniert mit Vollbeschäftigung sind ein Spiel mit dem Feuer", sagte Mark Zandi, Chefvolkswirt bei Moody's Analytics.

Das größte Manko der Reform aber ist wohl, dass die Entlastungen für die Bürger 2026 aus Kostengründen auslaufen, während diejenigen für Konzerne fortbestehen werden. Zudem könnte das Gesetz die Zahl der nicht krankenversicherten Amerikaner wieder um mehrere Millionen in die Höhe treiben, weil die Versicherungspflicht entfällt. Auf einige der zunächst geplanten Steuergeschenke für Ultra-Reiche verzichteten die Republikaner dagegen wohlweislich: Sowohl die Mindest- als auch die Erbschaftsteuer bleiben - wenn auch deutlich generöser ausgestaltet - bestehen.

© SZ vom 20.12.2017/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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