USA: Palin rechnet schlecht:Wenn weniger mehr ist

Kürzen um zu erhöhen: Sarah Palin, Kandidatin für das Vizepräsidentenamt, hatte in der Vergangenheit eine ganz eigene Art , ihr Gehalt zu berechnen.

Verena Wolff

Sarah Palin ist keine Mathematikerin, so viel ist sicher. Eine Wortkünstlerin ist sie aber allemal. Das hat sie schon bei zahlreichen Gelegenheiten unter Beweis gestellt. Von Lügen oder Halbwahrheiten soll hier gar nicht die Rede sein - aber: "lying by omission", wie die Amerikaner sagen, "Lügen durch Verschweigen", darauf versteht sie sich offenbar prächtig.

USA: Palin rechnet schlecht: Das Amt des Gouverneurs in einem entlegenen Bundesstaat ist eine kostspielige Sache.

Das Amt des Gouverneurs in einem entlegenen Bundesstaat ist eine kostspielige Sache.

(Foto: Foto: AFP)

Beim aktuellen Fall geht es um das Salär der Sarah Palin als Bürgermeisterin ihrer Heimatstadt Wasilla in Alaska. Die Kandidatin Nummer zwei hinter Präsidentschaftsbewerber John McCain hatte, in bester Absicht sicherlich, immer wieder auf ihre Genügsamkeit in Sachen Bezahlung verwiesen.

Im Dienste des Steuerzahlers habe sie während ihrer Amtszeit vier Mal ihr Gehalt gekürzt. Sagt sie. Als Bürgermeisterin und Gouverneurin habe sie immer ein Vorbild sein wollen. Darum habe sie freiwillig auf Gehalt verzichtet, wie sie Republikaner-Anhängern in Ohio zurief: "Sehr zum Leidwesen meines Mannes." Als Gouverneurin habe sie den Koch entlassen, der ihr zustand: "Sehr zum Leidwesen meiner hungrigen Kinder."

Eine Wahrheit - zumindest halb

Manche haben also schon früher unter Sarah Palin gelitten - aber amerikanische Medien, die US-Demokraten und die Blogger wollten es genau wissen. Sie fingen sogleich das Wühlen an. Und siehe da: Sarah Palin hat sich tatsächlich das Gehalt gekürzt - bevor sie saftige Gehaltserhöhungen einstrich. Und summa summarum mehr in der Tasche hatte.

Bei der Recherche halfen Dokumente, die die Behörden in Wasilla jetzt offenlegten und auf der Homepage der Stadt publizierten: Demnach stieg Sarah Palin im Oktober 1996, nach ihrer ersten Wahl, mit einem Gehalt von 64.200 Dollar ein.

Zum 1. Januar des folgenden Jahres kürzte sie das Salär auf 61.200 Dollar - zum 6. Januar 1998 allerdings genehmigte sie sich einen satten Zuschuss - das Gehalt stieg auf 68.000 Dollar. Ein Jahr später reduzierte sie ihre Bezüge um 2000 Dollar auf 66.000, um sie zum Antritt ihrer zweiten Wahlperiode als Bürgermeisterin der 9000-Seelen-Gemeinde wieder auf 68.000 Dollar zu erhöhen - dieses Salär behielt sie offenbar bis zum Ende ihrer zweiten und letzten Amtszeit.

"Unterlagen lügen nicht - Sarah Palin schon" - so kommentierten die Demokraten auf ihrer Webseite süffisant diese aktuellste Halbwahrheit der Sarah Palin.

Häme folgt auf dem Fuß

Eine Leserin im Weblog Political Carnival hat dazu noch eine weitere erhellende Neuigkeit: Sarah Palin habe ihre Bezüge um mehrere tausend Dollar gesenkt, gleichzeitig aber einen Stellvertreter eingestellt, der 50.000 Dollar im Jahr verdiente und einen großen Teil ihrer Arbeit erledigte.

"Für mich heißt das, dass die Kosten eines Bürgermeisters in Wasilla von 68.000 auf 111.200 Dollar gestiegen sind", schreibt die Webblogleserin. Sie jedenfalls würde gern auf 3000 Dollar im Jahr verzichten, wenn jemand anders 80 Prozent meiner Arbeit macht.

Und - Sarah Palin hat sich ein Auto genehmigt. Einen weißen Geländewagen im Wert von 24.000 Dollar, wie die New York Times bereits vor einigen Tagen berichtet hatte. Darüber regt sich ein Blogger bei dailykos.com auf: "Für eine Kleinstadt in Alaska sind 24.000 Dollar eine Menge Geld! Und das ist nur das Auto - von Versicherungen, Steuern, Instandhaltung und Benzin gar nicht zu reden."

Mit diesen jüngsten Budgetdiskussionen setzt sich eine Debatte über das Bezahlverhalten der Kandidatin fort. Denn bereits vor zwei Wochen hatte die Washington Post sich genüsslich darüber hergemacht, wie Palin Versorgungszahlungen in Anspruch genommen hatte, obwohl sie zu Hause saß.

312 Nächte habe sie allein in den ersten 19 Monaten ihrer Amtszeit als Gouverneurin abgerechnet. "Per diem" nennen die Amerikaner dieses System, bei dem Mahlzeiten und andere Reisekosten erstattet werden, wenn sich ein Gouverneur in Sachen "state business" unterwegs ist.

Nicht nur habe die Gouverneurin, die inzwischen 125.000 Dollar pro Jahr verdient, sich diese Reisekosten genehmigt - auch ihre Kinder und ihr Mann Todd sind auf Staatskosten durch die Lande gereist. Immer im Dienste Alaskas, versteht sich.

Todd, Piper und Bristol fliegen auch

43.490 Dollar sind dabei zusammengekommen, wie das Blatt ausgerechnet hat - für Todd Palin und die fünf Kinder. Dabei schlagen die Reisen von Piper, 7 Jahre alt, am meisten zu Buch: Sie verflog allein 11.000 Dollar. Bristol, die schwangere 17-Jährige, ließ es eher günstig angehen: Sie hatte nur Tickets im Wert von 3400 Dollar abzurechnen.

Ein Großteil der Reisekosten bezog sich auf die Reisen der Familie zwischen ihrem Wohnsitz in Wasilla und dem Regierungssitz in Juneau, der nur per Flugzeug oder Schiff zu erreichen ist - rund 600 Meilen liegen zwischen den beiden Orten.

Eine Sprecherin Palins kann die Aufregung um diese Kosten nicht nachvollziehen: Sie seien alles andere als ungewöhnlich, sagte sie der Washington Post. Schließlich werde von einem Gouverneur erwartet, in seinem Staat Veranstaltungen zu besuchen - am liebsten mit der Familie.

Auch wenn sich das Blatt - und zahlreiche Leser - über die Kosten echauffieren: Sarah Palin kommt den Staat wesentlich günstiger zu stehen als ihr Vorgänger Frank Murkowski. Der hatte im Jahr vor Palins Amtsantritt rund 463.000 Dollar allein an Flugkosten verursacht. Denn er hatte einen Privatjet, stets zu Diensten.

Sarah Palin fliegt Holzklasse. Und hält ihre Mitarbeiter an, dies auch zu tun. Daher hat sie es bislang "nur" auf 93.000 Dollar Flugkosten geschafft. Ganz bescheiden, wirklich - und das lässt sich alles errechnen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: