USA: Obama und die CIA:Im Strudel des Schmelzwassers

Barack Obama will die Geheimnisse des Krieges gegen den Terror lüften. Im Umgang mit CIA und Militär muss er dennoch vorsichtig sein.

Nicolas Richter

Das Wort vom Tauwetter ist in der Weltgeschichte schon oft bemüht worden, doch für den Neuanfang in Washington erschien es durchaus treffend. Seit Barack Obama im Weißen Haus eingezogen ist, heißt es, die Politik dieser Supermacht sei wieder menschlicher, wärmer sogar.

USA Barack Obama Geheimdienst CIA, AP

Im Zwielicht: Brächte Obama all das Eis aus den Bush-Jahren mit einem Mal zum Schmelzen, so könnte es sein, dass ihn das Tauwasser selbst wegspülen würde.

(Foto: Foto: AP)

Das Unrecht, das den Gegnern im "Krieg gegen den Terror" zugefügt wurde, sollte aufgedeckt werden, die Eiskruste der Geheimhaltung dahinschmelzen. So hatten es viele gehofft, nachdem Obama im Wahlkampf gegen die Machenschaften der Geheimdienste gewettert hatte. Jetzt aber wundern sich viele, dass der Präsident doch sehr behutsam umgeht mit jenen, die einst für dieses Unrecht verantwortlich waren.

Wie schwierig das Verhältnis zwischen dem Präsidenten und seinem größten Geheimdienst ist, zeigte der Besuch Obamas im Hauptquartier der CIA im April. Gleich zur Begrüßung erinnerte CIA-Chef Leon Panetta seinen Dienstherren an dessen eigene Worte: "Dies ist eine Zeit zum Nachdenken, nicht für Vergeltung." Und dabei blieb Obama auch in seiner Rede an die Geheimdienstler.

Geheim bleibt, was geheim bleiben soll

Er lobte deren Bedeutung für die Sicherheit Amerikas, er lobte den unermüdlichen, zum Teil gefährlichen und entbehrungsreichen Einsatz seiner Agenten. Vor allem aber rechtfertigte er sich dafür, dass er zuvor jene Anweisungen der Regierung Bush veröffentlicht hatte, in denen diverse Foltertechniken für die Vernehmung von Terrorverdächtigen erlaubt worden waren.

Obama sagte, er habe dies getan, weil vieles ohnehin schon an die Öffentlichkeit gelangt sei. Ansonsten aber werde er dafür sorgen, dass geheim bleibt, was geheim sein soll.

Dass sich Obama binnen weniger Monate zum Realpolitiker wurde, hat aus seiner Sicht gute Gründe. Die Vereinigten Staaten von Amerika befinden sich noch immer im Krieg, in Afghanistan mehr noch als in Irak, und auch die Terrorgefahr durch al-Qaida ist nicht verschwunden. Der Präsident braucht seine Geheimdienste, er braucht das Militär; er will nicht jene Kreise gegen sich aufbringen, auf die er als Oberbefehlshaber angewiesen ist und die einem Demokraten wie ihm ohnehin stärker misstrauen als einem Republikaner.

Brächte der Präsident all das Eis aus den Bush-Jahren mit einem Mal zum Schmelzen, so könnte es sein, dass ihn das Tauwasser selbst wegspülen würde.

"So lernen wir eben dazu"

Deswegen weigerte sich Barack Obama, neue Folterfotos zu veröffentlichen, die seine Soldaten im Ausland womöglich der Vergeltung ausgesetzt hätten. Auch lehnte Obama Strafverfahren gegen jene CIA-Agenten ab, die - wenn auch mit der damaligen Billigung des Weißen Hauses - an den Folterverhören beteiligt waren.

Bei seinem Besuch in der CIA-Zentrale in Langley spielte Obama deshalb den Pädagogen: "Lassen Sie sich nicht entmutigen von dem, was in den vergangenen Wochen passiert ist (die Veröffentlichung des Memorandums zu dem Foltertechniken, Anm. d. Red.), seien Sie nicht entmutigt, weil wir wohl einige Fehler eingestehen müssen. So lernen wir eben dazu."

So behutsam der neue Präsident allerdings mit der Vergangenheit umgeht, so klar ist seine Linie für die Zukunft: Der tägliche Verstoß gegen die amerikanische Verfassung und die Werte der Amerikaner sollen von nun an vorbei sein. Folter hat der Präsident untersagt, und in Leon Panetta hat er einen Geheimdienstchef gewählt, der sich im Laufe seiner politischen Karriere immer wieder mit etwas beschäftigt hat, das die Regierung Bush als eher überflüssig empfand: mit den Bürgerrechten.

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