USA:Obama kassiert: Darf der das?

Barack Obama

Barack Obama Der frühere US-Präsident Barack Obama am Montag während einer Rede in Chicago.

(Foto: dpa)
  • Der ehemalige US-Präsident Barack Obama erhält Medienberichten zufolge für eine Rede vor Wall-Street-Bankern 400 000 US-Dollar.
  • Obwohl seine Vorgänger mit solchen Auftritten viel Geld verdienten, hat die Meldung eine Ethik-Debatte ausgelöst.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama ist kein Politiker mehr, sondern Privatmann. Doch sollte er in Zeiten der Politikverdrossenheit höhere ethische Ansprüche erfüllen als seine Vorgänger?

Anlass für die Diskussion sind Meldungen, wonach Obama im September vor Vertretern der mittelgroßen Investmentbank Cantor Fitzgerald eine Rede über das Gesundheitssystem halten wird - und dafür 400 000 US-Dollar erhält.

Rechtlich ist dem US-Präsidenten nichts vorzuwerfen: Er erhält zwar lebenslang das Gehalt eines Kabinettsmitglieds (derzeit etwas mehr als 200 000 US-Dollar jährlich), ein Büro und 96 000 Dollar pro Jahr für Büromitarbeiter sowie lebenslangen portofreien Versand. Bezahlte Reden, Autobiografien und auch der Sitz in Aufsichtsräten sind jedoch erlaubt.

Seit Gerald Ford ist es durchaus üblich für Präsidenten, nach ihrer Amtszeit gut bezahlte Auftritte zu absolvieren. Obamas Vorgänger George W. Bush sprach zwischen 2009 und 2015 zu mehr als 200 Anlässen und erhielt dafür je 100 000 bis 175 000 US-Dollar pro Auftritt.

Mehr als Hillary Clinton

Die US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton war wegen Reden vor Vertretern der Investmentbank Goldman Sachs in die Kritik geraten. Für diese hatte sie je 225 000 US-Dollar erhalten. Ihr Ehemann Bill Clinton verdiente durch seine Auftritte seit Ausscheiden aus dem Amt mehr als 60 Millionen US-Dollar.

Im Jahr 2017 allerdings ist selbst in den USA, wo einem Reichtum selten missgönnt wird, derartiges Verhalten nicht mehr unumstritten. Vielmehr dominiert das Bild von Eliten und Politikern, die für Geld zu allem bereit sind. "Mainstream-Politiker und die Institutionen müssen sich weiterentwickeln", fordert deshalb Matt Yglesias auf dem angesehenen Portal Vox.com, "und das nicht nur mit besseren politischen Ideen, sondern mit Opferbereitschaft und moralischer Führung, die erfolgreiche Bewegungen brauchen." Das bedeute, dass man eben auf Geld verzichten müsse - und das gelte auch und gerade für Obama.

Im progressiven Lager teilen auf Social Media einige diese Meinung und geben sich enttäuscht, dass sich der Ex-Präsident nach seinem ersten (kostenlosen) Auftritt vor Studenten in Chicago nun auf das Terrain der Wall Street begibt.

Der Richtungsstreit schwingt mit

Andere jedoch verweisen darauf, dass die Debatte angesichts der größeren Nähe der Republikaner zu Großfirmen eine fragwürdige Doppelmoral enthüllt. Und im Hintergrund schwingt der Streit unter Demokraten mit, ob sich die Partei künftig deutlich linker und basisdemokratischer positionieren sollte als das aktuelle, fleißig Großspenden sammelnde Partei-Establishment.

Bislang ist jedoch noch nicht einmal klar, ob der ehemalige US-Präsident seine Gage überhaupt behält oder sie für einen guten Zweck spendet. Finanziell nötig hat Obama bezahlte Reden nicht: Gemeinsam mit seiner Ehefrau Michelle verkaufte er vor kurzem die Rechte für die Memoiren des Paares an den Verlag Penguin Random House. Der kolportierte Preis liegt zwischen 60 und 65 Millionen US-Dollar.

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