USA:New York lässt sich nicht einschüchtern

  • Nahe dem Times Square in New York ist am Montagmorgen eine Bombe explodiert. Verletzt wurden drei Passanten und der Attentäter.
  • Ein Polizei-Großeinsatz legte Manhattan kurzzeitig lahm. Doch schnell lief alles wieder wie gewohnt - abgesehen von erhöhter Präsenz schwer bewaffneter Polizisten.
  • In der Stadt herrschte eine erleichterte Atmosphäre, weil es nicht schlimmer gekommen war. Gouverneur und Bürgermeister riefen zu Gelassenheit auf.

Von Christian Zaschke, New York

Es hätte deutlich schlimmer kommen können: Das war der Tenor unter den Sicherheitskräften in New York City, nachdem am Montagmorgen bei einem Anschlag mit einer Rohrbombe vier Menschen verletzt worden sind, darunter der Attentäter. Der Verdächtige trug die selbstgebaute Bombe am Körper, als sie am Busbahnhof Port Authority im Stadtteil Manhattan detonierte. Dieser Bahnhof wird täglich von mehr als 200 000 Menschen benutzt. In der Vorweihnachtszeit, wenn Millionen von Touristen New York besuchen, ist er voller denn je. Dass nicht mehr passiert ist, erscheint unter diesen Umständen beinahe unfassbar.

Bei dem Attentäter handelt es sich nach Polizeiangaben um den 27 Jahre alten Akayed U., einen Einwanderer aus Bangladesch. Um 7.20 Uhr lief er durch eine Unterführung, die den Busbahnhof mit dem Times Square verbindet. Ob er die Bombe bewusst dort zündete oder diese versehentlich hochging, war zunächst nicht klar. Offenbar hatte er sie mit Klebeband an seinem Körper befestigt. Der Täter erlitt bei der Explosion "Verbrennungen und andere Verletzungen", die nicht lebensgefährlich sind, wie die Polizei mitteilte. Er wurde festgenommen und ins Krankenhaus gebracht, wo er befragt wurde.

Die übrigen Verletzten klagten über Kopfschmerzen und Ohrensausen. Sie wurden ebenfalls in Krankenhäuser gebracht. Die Medien spekulierten darüber, dass der Täter die Bombe statt in der Unterführung in einer U-Bahn oder auf einem überfüllten Bahnsteig am Times Square habe zünden wollen. Die Polizei wollte sich zu diesen Spekulationen zunächst nicht äußern. Man sei noch dabei, die Bombe zu untersuchen.

Offenbar hatte der Verdächtige sie mit Kabelbindern und Klettband an seinem Körper befestigt.

Das Gebiet um den Busbahnhof wurde am Montagmorgen zunächst weiträumig gesperrt. Dutzende Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr säumten die Gegend um die 42. Straße an der Achten Avenue. Hundestaffeln waren im Einsatz, Hubschrauber kreisten über der Gegend. Der U-Bahn-Verkehr wurde zunächst teilweise stillgelegt. In einer Stadt wie New York bedeutet das, dass sich das Chaos in Wellen ins gesamte Verkehrsnetz verbreitet. Doch bereits zwei Stunden nach dem Anschlag verkündete Bürgermeister Bill de Blasio, dass die U-Bahnen wieder fahren. Nur die Station am Times Square wurde zunächst nicht angefahren.

Bürgermeister de Blasio wie auch Gouverneur Andrew Cuomo betonten, dass New York sich von Attacken dieser Art nicht beeindrucken lasse. Deshalb sei es wichtig, dass alles schnellstmöglich wieder laufe wie gewohnt.

Außerdem seien es New Yorker ja gewohnt, dass es montagmorgens nicht sonderlich rasch vorangehe, sagte de Blasio. Dass er diesen eher leichten Ton anschlug, war wohl auch der Erleichterung darüber geschuldet, dass die Sache so glimpflich verlaufen war. De Blasio sagte weiter, es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass der Täter Komplizen hatte oder dass weitere Anschläge geplant seien. "Es gibt im Moment keine Bedrohung für New York City", sagte er, bevor er die Bürger der Stadt in markigen Worten aufforderte, zurück an die Arbeit zu gehen.

Erst vor eineinhalb Monaten gab es einen Anschlag in New York. Am 31. Oktober hatte ein 29 Jahre alter Mann mit einem Pick-up-Truck Menschen auf einem Radweg überfahren. Acht Menschen kamen ums Leben, elf wurden verletzt. Die Polizei schoss den Täter nieder. Er wurde operiert und ist außer Lebensgefahr. Im Krankenhaus zeigte er sich laut Polizei zufrieden mit seiner Tat und bat, eine Flagge der Terrormiliz IS aufhängen zu dürfen.

Auch der jüngste Anschlag scheint einen islamistischen Hintergrund zu haben. Mehrere US-Medien (darunter New York Times und Washington Post) berichteten am Abend übereinstimmend unter Berufung auf Behördenvertreter, dass Akayed U. sich zum IS bekannt habe. U. soll einen Vergeltungsschlag für die amerikanischen Luftangriffe auf IS-Ziele unter anderem in Syrien geplant haben. Die Station Port Authority wählte er demnach aus, weil dort Plakate mit Weihnachtsmotiven hängen - in Verhören soll U. angegeben haben, von den Anschlägen auf Weihnachtsmärkte in Europa inspiriert worden zu sein. Im vergangenen Jahr waren bei einem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt zwölf Menschen gestorben.

US-Präsident Donald Trump nutzte die Attacke vom Montag einmal mehr, um seine Anti-Einwanderungs-Agenda voranzutreiben: Erneut sei bewiesen, dass "Amerika sein laxes System reparieren" müsse, erklärte er in einer Mitteilung mit Verweis auf den Migrationshintergrund des Attentäters.

Offiziell hat sich die New Yorker Polizei noch nicht zum Motiv des Attentäters geäußert. Polizeichef James O'Neill sagte aber, der Vorfall werde als Terroranschlag behandelt. O'Neill wurde gefragt, ob sich New York auf weitere solche Vorfälle einstellen müsse - schließlich sei es nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 jahrelang ruhig gewesen, und nun habe es zwei Anschläge binnen Wochen gegeben. O'Neill verwies darauf, dass es keinesfalls ruhig gewesen sei und Polizei und Geheimdienste seit September 2001 allein in New York City 26 Terroranschläge vereitelt hätten.

In der Stadt waren am Montag noch mehr Polizisten als sonst zu sehen. Besonders an Anlaufstellen für Touristen war deren Präsenz enorm. "Diese Beamten sind für Sie da", sagte de Blasio, "ihre Präsenz bedeutet, dass Sie sicher sind." Er forderte die Bürger auf, sich an die Beamten zu wenden, falls ihnen etwas nur ansatzweise seltsam vorkommen sollte. "Sie sind New Yorker, Sie kennen diese Stadt", sagte de Blasio, "und wenn ihnen hier etwas komisch vorkommt, dann sagen Sie bitte umgehend Bescheid."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: