Ex-Präsident:Frauen werfen Bill Clinton sexuelle Übergriffe vor

Former U.S. President Bill Clinton takes part in a campaign event for Philip Murphy, the Democratic Party nominee for Governor of New Jersey in Paramus, New Jersey

Ex-Präsident Bill Clinton während einer Wahlkampfveranstaltung in New Jersey.

(Foto: REUTERS)
  • Mehrere Frauen haben dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton sexuelle Übergriffe vorgeworfen, eine spricht sogar von Vergewaltigung.
  • Die Fälle beziehen sich auf die Zeit als Clinton noch Generalstaatsanwalt oder Gouverneur des Bundesstaates Arkansas war.
  • Auch dem republikanischen Senatskandidaten Roy Moore werden sexuelle Übergriffe vorgeworfen.

Von Hubert Wetzel, Washington

Im Sommer vorigen Jahres redete Bill Clinton beim Wahlparteitag der Demokraten. Der ehemalige US-Präsident wollte seiner Frau helfen, die künftige US-Präsidentin zu werden. Er erzählte, wie er sich in Hillary verliebt hatte, wie sie zusammen Eltern und Großeltern geworden waren. Bill Clinton als treuer Ehemann und Familienmensch - das war eine Botschaft an die Wähler: Sie müssen keine Angst haben, dass der alte Bill nach Washington zurückkehrt, wenn Hillary Clinton gewinnt.

Wie der alte Bill war, daran werden die Demokraten in diesen Tagen erinnert. Reihenweise müssen sich mächtige Männer in den USA dem Vorwurf stellen, sie hätten Frauen sexuell belästigt, bedrängt, attackiert oder gar vergewaltigt. Der aktuellste Fall betrifft den republikanischen Senatskandidaten Roy Moore. Doch etliche Demokraten räumen inzwischen ein, dass eigentlich auch ihr Idol, der einstige Präsident Bill Clinton, in diese Tätergalerie gehört.

Denn auch Bill Clinton haben etliche Frauen sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Die Affäre des Präsidenten mit der Praktikantin Monica Lewinsky ist da noch der harmloseste Vorfall - immerhin gab es dabei keine gewaltsam erzwungenen sexuellen Kontakte. Bei anderen Frauen soll Clinton in seiner Zeit als Generalstaatsanwalt oder Gouverneur des Bundesstaates Arkansas weniger zurückhaltend gewesen sein. Sie werfen ihm vor, sie in Hotelzimmern sexuell genötigt zu haben. Eine Frau, Juanita Broaddrick, bezichtigt Bill Clinton sogar der Vergewaltigung.

Die Beweislage ist in den alten Clinton-Fällen ähnlich vage wie bei vielen aktuellen Vorwürfen auch. Zumeist steht Aussage gegen Aussage, Anschuldigung gegen Unschuldsbeteuerung. Der Unterschied: Heute wird - zumindest in prominenten Fällen - den Frauen geglaubt. Damals glaubten viele Bill Clinton. Für die Republikaner war Clinton zwar immer schon ein "sexuelles Raubtier". Doch die Demokraten scharten sich schützend um ihn. Für sie waren die Frauen, die Clinton beschuldigten, Teil der "großen, rechten Verschwörung", die Hillary Clinton überall witterte.

Hilfreich war für Clinton auch, dass er einflussreiche Verteidiger hatte; genauer: Verteidigerinnen. Ausgerechnet die berühmte Feministin Gloria Steinem schrieb 1998 in einem Gastbeitrag in der New York Times, warum Clintons Verhalten keine sexuelle Belästigung darstelle, sondern allenfalls ein etwas plumpes Balzverhalten. Schließlich habe Clinton es ja akzeptiert, wenn er abgewiesen wurde. Sexuelle Belästigung beginne aber erst im Wiederholungsfall. Und überhaupt habe Clinton so viel für die Rechte von Frauen und Minderheiten getan, dass seine Verfehlungen nicht ins Gewicht fielen.

Das war der politische Kern der Verteidigung. Amerikas Linke schauten über das Verhalten ihres Präsidenten hinweg, weil sie seine "progressive" Politik so mochten. Das Persönliche war, als es unpraktisch wurde, plötzlich doch nicht mehr so politisch. Ähnlich argumentieren heute Republikaner, die weiter Roy Moore unterstützen: Der Kandidat mag ein moralisch zweifelhafter Charakter sein, sagen sie. Aber er würde als Senator für die richtige konservative Politik stimmen.

Doch bei den Demokraten bewegt sich etwas. Einer der linkesten Journalisten der USA, Matthew Yglesias, fällte am Mittwoch ein harsches Urteil: "Bill Clinton hätte zurücktreten sollen."

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