USA:Mehr als hunderttausend verfolgen Anhörung zum US-Einreiseverbot

  • Bei einer telefonischen Anhörung vor einem Bundesberufungsgericht in San Francisco wird diskutiert, ob die US-Regierung den vorläufigen Stopp des Einreiseverbots im Bundesstaat Washington rückgängig machen kann.
  • Das Urteil in San Francisco ist auch deshalb so wichtig, weil die nächste Instanz bereits der Oberste Gerichtshof ist.
  • Eine Entscheidung fällt noch nicht. Doch die Anhörung liefert einige Hinweise, wo die Knackpunkte liegen.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Obwohl nur ein Ton ohne Bild ausgestrahlt wurde, hörten alleine 136 000 Menschen im Internet mit - nicht zu sprechen von den Zuhörern/-sehern auf den Nachrichtensendern, die das Ereignis ebenfalls ausstrahlten.

Doch was heißt Ereignis: Eigentlich ging es um eine trockene Anhörung vor einem Bundesberufungsgericht in San Francisco, per Telefonschalte durchgeführt. Im Mittelpunkt stand allerdings eine brisante Frage: Kann die US-Regierung erreichen, den von einem Richter im Bundesstaat Washington verfügten vorläufigen Stopp des Einreiseverbots rückgängig zu machen?

US-Präsident Donald Trump hatte am 27. Januar angeordnet, dass Bürger aus Iran, Irak, Syrien, Sudan, Libyen, Somalia und Jemen vorübergehend nicht in die USA einreisen dürfen. Dies hatte zu Protesten und Klagen geführt, bis schließlich am vergangenen Freitag die Entscheidung eines Gerichts aus Washington State kam, die im ganzen Land gilt.

Das Urteil in San Francisco ist auch deshalb so wichtig, weil die nächste Instanz bereits der Oberste Gerichtshof ist. Es wird erwartet, dass die Verlierer - Washington und Minnesota oder das US-Justizministerium - in jedem Fall den Supreme Court anrufen werden. Dort herrscht allerdings derzeit theoretisch ein Patt zwischen konservativen (wobei einer der vier von einem republikanischen Präsidenten Nominierten als Moderater gilt) und progressiven Richtern. Zumindest so lange, bis Trumps nominierter Richter Neil Gorsuch im Amt ist, was allerdings einige Monate dauern kann. Im Falle eines Unentschiedens lässt der Supreme Court jedoch das Urteil der Vorinstanz bestehen - und genau deshalb ist wichtig, was die drei Richter in San Francisco entscheiden.

Was ist ein "Muslim-Bann"?

Am Dienstag kamen sie noch nicht zu einem Urteil. Die Anhörung lieferte einige Indizien, wo die Knackpunkte liegen. Das Justizministerium argumentiert, dass der Präsident entscheiden darf, wer in die USA einreist und wer nicht. Die Richterin Michelle Friedland, einst von Barack Obama nominiert, zeigte sich skeptisch: "Ist das Argument, dass die Entscheidung des Präsidenten in diesem Zusammenhang nicht zu untersuchen ist?" Darauf antwortet der Anwalt der Regierung (seit 16 Jahren im Ministerium tätig) nach einigem Zögern: "Ja."

Richard Clifton, der von George W. Bush nominierte Richter, zweifelte wiederum die Argumentation der Bundesstaaten an, dass es sich um einen "Muslim-Bann" handele. "Sieben Länder bedeuten nur einen kleinen Prozentsatz von Muslimen." Das aus Washington State vorgebrachte Gegenargument: Nicht jede Person einer Religion müsse betroffen sein, um eine Diskriminierung zu begründen. Der Argumentation des Justizministeriums, so der Eindruck, schadete eine öffentliche Aussage des Trump-Beraters Rudy Giuliani, wonach der künftige Präsident ihn gefragt habe, wie ein "Muslim-Bann" umzusetzen sei.

Die entscheidende Stimme könnte dem dritten Richter William Candy zukommen, der einst von Jimmy Carter ernannt wurde. Auch er positionierte sich kritisch gegenüber den Argumenten des Justizministeriums und fragte, wie viele Terror-Taten von Menschen aus den sieben betroffenen Nationen begangen worden seien (um selbst zu antworten: offenbar keine). Die Washingtoner Staatsanwaltschaft wiederum konnte noch keine konkreten Zahlen angeben, wie viele Menschen im Bundesstaat überhaupt negativ von dem Bann betroffen seien - ein Kernargument. "Tausende", so die Schätzung.

Entscheidung noch in dieser Woche

Das Justizministerium brachte am Ende auch die Möglichkeit ins Spiel, dass das Urteil des Washingtoner Richters auf den eigenen Bundesstaat begrenzt werden könnte. Ob dies darauf hindeutet, dass man die Felle davonschwimmen sieht, ist allerdings Spekulation.

Die Entscheidung des Gerichts solle "so bald wie möglich" gefällt werden, so Richterin Friedland. Es ist mit einem Urteil noch in dieser Woche zu rechnen.

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