USA:Kelly markiert sein Revier

  • Trumps neuer Stabschef Kelly ist am Montag vereidigt worden.
  • Als erste Amtshandlung feuerte er Kommunikationschef Scaramucci.
  • Es könnte der Neubeginn sein, den die Trump-Regierung so bitter nötig hat.

Von Beate Wild

Das Personalkarussell im Weißen Haus dreht sich in diesen Tagen so schnell, dass einem alleine vom Zusehen schwindelig wird. Und nach nur zehn Tagen in seiner noch inoffiziellen Rolle erwischte es am Montag Anthony Scaramucci. Zum dünnen Vermächtnis des Kommunikationschefs gehören einige erstaunlich arrogante und vulgäre Auftritte.

Den Abgang veranlasst hatte John Kelly. Donald Trumps neuer Stabschef war wenige Stunden zuvor selbst erst vereidigt worden. Er folgte auf den drei Tage zuvor geschassten Reince Priebus. Diesen wiederum hatte Scaramucci aus dem Amt gemobbt - so wie den ehemaligen Pressesprecher Sean Spicer, der aus Empörung über dessen Anstellung seinen Job hinschmiss.

Mit dem Rauswurf Scaramuccis zwei Wochen vor seinem offiziellen Amtsantritt schließt sich also der Kreis. In diesem Fall hat es nun den Mann getroffen, der kurz nach der Bekanntgabe der Ernennung zum Kommunikationschef wie ein Berserker agierte, neue Kollegen aufs Übelste beleidigte - und der von seinen Fähigkeiten und dem Wohlwollen des Präsidenten wohl ein Quäntchen zu überzeugt war.

Eine dicke Hose darf sich im Weißen Haus aber nur der Präsident erlauben. Wie Regierungsmitarbeiter dem Nachrichtensender CNN erzählten, soll Kelly gesagt haben, er finde Scaramucci "nicht diszipliniert genug" und dieser habe "seine Glaubwürdigkeit verbrannt".

In der Tat hatten Scaramuccis Aussagen über Priebus ("verdammter paranoider Schizophrener") und seine Autofellatio-Theorie über Steve Bannon ("Ich versuche nicht, meinen eigenen Schwanz zu lutschen") selbst im inzwischen schockerprobten Washington für höchstes Erstaunen gesorgt. Dass er in einer Entschuldigung von einer "farbenfrohen Wortwahl" sprach, dürfte zu den politischen Euphemismen des Jahres zählen.

Auch Trump hatte genug von Scaramucci

Vor allem das Ehepaar Kushner, also Trumps Tochter Ivanka samt Ehemann Jared Kushner, soll Trump dazu gedrängt haben, Scaramucci einzustellen - um mit seiner Hilfe den unbeliebten Stabschef Priebus aus dem Amt zu drängen. Wenigstens eine Aufgabe, die der 53-Jährige Millionär aus Long Island erfolgreich erfüllt hat.

Doch nicht nur Kelly, auch Trump soll nach den Auftritten Scaramuccis genug von dem Fondsmanager mit der Cowboy-Attitüde gehabt haben, berichtet die New York Times. War Trump anfangs noch angetan von dessen derben Attacken gegen Priebus und Bannon, änderte er am Wochenende offenbar seine Meinung. Nach einem Gespräch mit seiner Familie und Kelly soll der Präsident plötzlich das öffentliche Inferno erkannt haben, dass der Verbal-Brutalo angerichtet hatte.

Anfang einer neuen Ära

Kelly, ein ehemaliger General, scheint es tatsächlich ernst zu meinen mit jener Mission, die viele in Washington für unmöglich halten: das Chaos im Weißen Haus zu beseitigen, für Ordnung, Disziplin und eine professionelle Außendarstellung zu sorgen. Dabei hat er es nicht nur mit unterschiedlichen Machtzentren zu tun, sondern eben auch mit dem Präsidenten selbst. Bekanntermaßen lässt sich Trump nun mal von niemandem - zumal außerhalb seiner eigenen Familie - gerne etwas sagen.

Mit dem Rauswurf Scaramuccis markiert Kelly sein Revier. Vielleicht ist er sogar der neue starke Mann, auf den Trump hört? Schon als Heimatschutzminister soll er einen guten Draht zu Trump gehabt haben.

Alle Mitarbeiter sollen Kelly unterstellt sein - ohne Ausnahme

Die Entscheidung an seinem ersten Arbeitstag signalisiert, dass er ein Stabschef mit echten Kompetenzen sein wird - und nicht wie sein Vorgänger Priebus eine Figur ohne Handlungsspielraum. Trump-Sprecherin Sarah Huckabee Sanders gab am Montag bekannt: "Jeder Mitarbeiter wird ihm unterstellt sein."

Sollte sich das in der Praxis bewahrheiten, müssten künftig auch Trump-Tochter Ivanka und ihr Ehemann Jared Kushner sowie Chefberater Bannon an Kelly Bericht erstatten - und können sich nicht, wie sie es bisher gewohnt sind, direkt an den Präsidenten wenden. Allerdings hat das Ehepaar Kushner in dessen Privaträumen weiterhin uneingeschränkten Zugang zum Präsidenten.

Eine starke Hand im Weißen Haus könnte genau für jenen Neuanfang sorgen, den die US-Regierung nach den Querelen der vergangenen Wochen bitter nötig hat. Trump jedenfalls scheint mit dem erneuten Personalwechsel zufrieden zu sein, am Nachmittag twitterte er: "Ein großartiger Tag im Weißen Haus!"

Scaramucci ist nun seinen Traumjob wieder los. In den zehn Tagen im Weißen Haus verpasste er die Geburt seines Sohnes, weil er gerade mit dem US-Präsidenten unterwegs war. Bei seiner Frau meldete er sich nur mit einer kurzen SMS. Sie hatte bereits vor drei Wochen die Scheidung eingereicht. Medienberichten zufolge hatte sie die Nase voll von der Trump-Obsession ihres Ehemannes.

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