USA:Jared Kushner - der Mann, der von nichts wusste

White House Senior Adviser Kushner departs after closed session of the Senate Intelligence Committee in Washington

Jared Kushner nach der nichtöffentlichen Anhörung im Senat, in der er sich ahnungslos gab.

(Foto: REUTERS)
  • Trumps Schwiegersohn Jared Kushner erschien am Montag zu einer Anhörung in Sachen Russland-Affäre vor einem Komitee des Senats.
  • In einer Stellungnahme gibt er den Unschuldigen.
  • Dabei hat Kushner schon in der Vergangenheit nicht immer die Wahrheit gesagt.

Von Beate Wild

Beweise gibt es keine. Niemand kann derzeit belegen, dass Jared Kushner das Gesetz gebrochen oder mit Russland zusammengearbeitet hat, um die US-Wahlen zu beeinflussen. Allerdings steht der Verdacht im Raum, dass der Schwiegersohn von Präsident Donald Trump nicht immer redlich agiert hat. Sonderermittler Robert Mueller hat bereits begonnen, Kushners Geschäftsbeziehungen zu untersuchen.

Am Montag musste der einflussreiche Trump-Berater wegen der Russland-Ermittlungen zu einer Anhörung vor dem Senat erscheinen. Am Dienstag wird er im Abgeordnetenhaus in der gleichen Sache vorsprechen. Beide Termine finden hinter verschlossenen Türen statt. Zum einen, weil dort über Informationen gesprochen wird, die nicht unbedingt für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Zum anderen möchte man vermeiden, dass die Berichterstattung noch weiter angeheizt wird.

Futter für die Journalisten hatte Kushner deshalb selbst vorbereitet. Bereits vor der Anhörung am Montag veröffentlichte er eine elfseitige Stellungnahme. Darin räumt er "vielleicht vier" Kontakte mit russischen Vertretern ein. Eine Verwicklung in die Affäre um die mutmaßliche Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf weist er jedoch zurück. Er habe auch nicht versucht, einen geheimen Kommunikationskanal mit Russland zu etablieren. Dies hatte der russische Botschafter Sergej Kisljak US-Medienberichten zufolge dem Kreml berichtet. An Kisljaks Namen habe er sich ohnehin kurz nach einem gemeinsamen Treffen schon nicht mehr erinnern können, so Kushner in seiner Aussage.

Zu zwei weiteren von der russischen Botschaft angefragten Treffen habe er seinen Assistenten geschickt. Auf Vorschlag Kisljaks traf er sich aber im Dezember mit dem russischen Banker Sergej Gorkow, der ebenfalls enge Beziehungen zur russischen Regierung pflegt. Worum es bei den Gesprächen gegangen ist? Nie um Geschäfte, beteuert Kushner.

E-Mails angeblich nicht gelesen

In seiner Aussage geht Kushner natürlich auch auf das von Schwager Donald Trump Jr. eingefädelte Treffen mit der russischen Anwältin Natalia Weselnizkaja ein. Die von Trumps Sohn vor Kurzem veröffentlichten E-Mails hatten für Aufregung gesorgt, weil sie nahelegen, dass das Trump-Wahlkampfteam an schmutzige Infos über Hillary Clinton gelangen wollte.

Kushner bestreitet, über den Anlass des Treffens Bescheid gewusst zu haben. Er sei zu spät zu der Zusammenkunft im Trump Tower gestoßen und habe sie auch früher verlassen, weil es in dem Gespräch um Adoptionen gegangen sei. Sein Schwager Don Jr. habe alles organisiert, er sei unwissend dazugekommen. Die gesamte E-Mail-Kette, die Don Jr. ihm weiterleitete, habe er nicht gelesen. "Jared Kushner hat Donald Trump Jr. gerade unter den Bus geworfen. Und zwar im großen Stil", kommentiert Greg Sargent von der Washington Post diese Kushner-Aussage.

"Alle meine Aktionen waren korrekt", teilte er nach der Anhörung im Weißen Haus vor Reportern mit. "Ich habe nicht mit den Russen konspiriert." Kushner äußert sich sonst nur selten vor Kameras und Mikrofonen. Als er seine vorbereiten Worte vorliest, verhaspelt er sich ein paar Mal.

Obwohl Kushner bemüht ist, den Eindruck von Transparenz zu vermitteln, gelingt es ihm nicht, die Zweifel zu zerstreuen. Das könnte auch daran liegen, dass er in der Vergangenheit nicht immer die Wahrheit gesagt hat.

Zahlreiche falsche Angaben

In den Dokumenten für seine "Security Clearance", die ausgefüllt werden müssen, um ein offizieller Geheimnisträger der Regierung zu werden, machte Kushner falsche Angaben. Ein überarbeitetes Formular, das erst am Freitag vom Weißen Haus veröffentlicht wurde, bestätigt, dass er bei der Offenlegung seiner Finanzen zunächst noch Informationen verschwiegen hatte.

Insgesamt 70 Vermögensposten hatte er ursprünglich nicht angegeben - unbeabsichtigt, wie seine Anwälte beteuern. Bekannt wurden jetzt beispielsweise Investitionen in eine Immobilien-Handelsplattform im Wert von 800 Millionen Dollar. Außerdem fehlte in den Papieren bisher eine Kunstsammlung im Wert von bis zu 25 Millionen Dollar, die er gemeinsam mit seiner Frau Ivanka besitzt. Die aktualisierte Offenlegung kam, sicherlich kein Zufall, just ein paar Tage vor seiner Anhörung im Kongress.

Auch einen weiteren Fragebogen über relevante Kontakte hat Kushner nun schon mehrmals aktualisiert. Dort hatte er etwa vergessen, mehr als hundert Anrufe und Treffen mit Repräsentanten von ausländischen Regierungen anzugeben. Verantwortlich dafür seien seine Mitarbeiter, die das Formular vorschnell ausgefüllt hätten, sagt Kushner.

Außerdem heißt es in seiner Stellungnahme, dass ihn die Menge an Anfragen überwältigt hätte. Er habe Tausende Anrufe, Briefe und E-Mails von Menschen bekommen, die ihn gerne treffen wollten. Er habe den ausländischen Regierungen rein aus Höflichkeit geantwortet. "Ich hatte nicht die Zeit, alle (E-Mails) zu lesen, besonders die langen von unbekannten Absendern", so Kushner.

Fehlende politische Erfahrung

Das elfseitige Dokument zeigt den Konflikt, in dem sich Kushner befindet. Auf der einen Seite ist er der loyale, unfehlbare Schwiegersohn, der ambitionierte Tausendsassa, der sich ganz in den Dienst des Präsidenten stellt. Auf der anderen Seite ist seine fehlende politische Erfahrung deutlich erkennbar - das Vertrauen des 36-Jährigen in die eigenen Fähigkeiten war wohl deutlich zu groß.

Kushner gibt sich ahnungslos. Schuld sind alle anderen, nur nicht er: sein Schwager Don Jr., seine Assistenten, die hohe Arbeitsbelastung. Dabei gehört er zu dem gleichen Trump-Team, das mindestens 20 Mal geleugnet hat, es habe Kontakte zu Russland gegeben, wie diese Dokumentation des Guardian belegt.

Wenn sie nichts zu verbergen hätten, sollten Kushner, Don Jr. und Wahlkampfmanager Paul Manafort doch öffentlich und unter Eid aussagen, sagte der demokratische Senator Al Franken (Minnesota) am Sonntag. Don Jr. und Manafort haben zugesagt, ebenfalls vor dem Kongress zu erscheinen. Ein genauer Termin steht derzeit noch nicht fest.

Kushners Hoffnung, Abstand zwischen sich und die Russland-Affäre zu bringen und "diese Dinge ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen", wird sich vorerst nicht erfüllen. Im Gegenteil.

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