USA:Hillary Clinton muss zittern

Kurz vor der Präsidentschaftswahl führt die Demokratin in Umfragen knapp - doch in wichtigen Staaten ist das Rennen so eng, dass Donald Trump doch noch gewinnen könnte.

Von Hubert Wetzel, Washington

Die Demokratin Hillary Clinton geht als Favoritin in die US-Präsidentschaftswahl an diesem Dienstag, ihr Sieg ist aber keineswegs sicher. In den letzten landesweiten Umfragen vor der Wahl lag Clinton im Durchschnitt zwei bis drei Prozentpunkte vor dem Republikaner Donald Trump - aus statistischer Sicht eine wenig bedeutende Führung.

Entscheidend werden allerdings ohnehin nicht die landesweiten Ergebnisse sein, sondern jene in den einzelnen Bundesstaaten. Diese haben Stimmenanteile im Electoral College, dem sogenannten Wahlmännergremium, das nach der Wahl den Präsidenten bestimmt. In der Regel erhält der Kandidat, der in einem Bundesstaat die Stimmenmehrheit erringt, sämtliche Wahlmännerstimmen des Staates. Nur zwei der 50 Bundesstaaten verteilen ihre Elektorenstimmen proportional. Um Präsident zu werden, sind 270 der 538 Wahlmännerstimmen im Electoral College nötig.

Zwar lag Clinton am Tag vor der Wahl auch in den Prognosen zur Stimmverteilung im Electoral College knapp vor ihrem Rivalen Trump. Doch in etlichen Bundesstaaten war das Rennen extrem eng, zum Beispiel im auch dieses Jahr wieder heftig umkämpften Florida oder in dem kleinen Ostküstenstaat New Hampshire. Der Abstand zwischen Clinton und Trump lag dort zumeist innerhalb der Fehlermarge der Umfragen. Ein Umschwung von ein oder zwei Prozentpunkten könnte den Staat kippen lassen. Vorsichtige Prognosen gaben Clinton daher eine Siegchance von allenfalls 70 zu 30 Prozent.

Welche Staaten die Kandidaten als besonders wichtig identifiziert haben, ließ sich am Montag an den Terminplänen ablesen. Clinton trat noch einmal in Michigan auf, einem alten Industriestaat im "Rostgürtel", in dem viele weiße Arbeiter leben - Trumps Kernwählergruppe. Clinton kann es sich nicht leisten, Michigan zu verlieren. Trump besuchte am letzten vollen Wahlkampftag Florida, North Carolina, Pennsylvania und New Hampshire. Auch das sind Staaten, von denen er die meisten gewinnen muss, um eine Mehrheit im Electoral College zu erreichen.

Noch vor zehn Tagen hatte Clinton deutlich vor Trump gelegen. Allerdings hat die Mitteilung der Bundespolizei FBI ihr erheblich geschadet, dass weitere E-Mails aus ihrer Zeit als Außenministerin gefunden worden seien und untersucht werden müssten. Clinton hatte damals Dienst-E-Mails über einen privaten Server verschickt und damit gegen Geheimhaltungsregeln verstoßen. Am Sonntag hatte FBI-Chef James Comey dann jedoch mitgeteilt, dass die neu entdeckten E-Mails strafrechtlich irrelevant seien - eine Entlastung Clintons in buchstäblich letzter Minute. Allerdings dürfte es nicht reichen, um Clinton ihren ursprünglichen Vorsprung wieder erreichen zu lassen.

Außer dem Präsidenten wählen die Amerikaner an diesem Dienstag auch das gesamte Abgeordnetenhaus sowie ein Drittel des Senats neu. Die Republikaner werden ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus Prognosen zufolge verteidigen. Im Senat, den derzeit noch die Republikaner beherrschen, könnte es hingegen zu einem Machtwechsel kommen.

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