USA: Hillary Clinton:Eine gute Soldatin

Bisher fällt US-Außenministerin Clinton vor allem wegen ihrer Loyalität zu Präsident Barack Obama auf - nicht wegen ihrer Politik. In den Augen mancher Beobachter ist die Zusammenarbeit gar zu gut.

Reymer Klüver

In Washington reicht ein gebrochener Arm, um eine politische Krise heraufzubeschwören. Das Raunen war in den vergangenen Tagen nicht mehr zu überhören: Was ist los mit Hillary Clinton? Warum ist es so still um sie geworden?

USA: Hillary Clinton: US-Außenministerin Hillary Clinton: Teamspielerin oder "Ehefrau nach saudischer Art"?

US-Außenministerin Hillary Clinton: Teamspielerin oder "Ehefrau nach saudischer Art"?

(Foto: Foto: AFP)

Tatsächlich hatte die Außenministerin wegen einer Ellbogenfraktur Präsident Barack Obama nicht wie vorgesehen auf der wichtigen Reise nach Moskau begleitet. Und auch sonst sagte sie Termine ab. Als sie nun zum ersten Mal einen relativ kleinen Streit mit dem Weißen Haus offenbarte - sie beklagte, dass es Obamas Truppe bisher nicht geschafft hat, ihren Kandidaten für die Führung der Entwicklungshilfebehörde USAid zu billigen -, war die Bescherung da.

Clinton wolle ihre Position in der Regierung neu justieren, hieß es. Deshalb die öffentliche Kritik, deshalb auch eine Rede, in der sie an diesem Mittwoch Grundzüge der US-Außenpolitik erläuterte.

"Wir haben den richtigen Präsidenten"

Tatsächlich war die Rede schon länger geplant. Und Clinton ließ die Gelegenheit nicht verstreichen, die Grundzüge der neuen US-Außenpolitik zu erläutern: Dialog statt einseitiges Handeln, Bemühen um Frieden im Nahen Osten und Ausgleich mit der muslimischen Welt, aber unnachgiebige Härte im Kampf gegen Terroristen. Niemand solle "Amerikas Willen zu reden als ein Zeichen von Schwäche" missverstehen, sagte sie und fügte hinzu: "Wir haben die richtige Strategie, die richtigen Prioritäten. Und wir haben den richtigen Präsidenten."

Clinton hat im Wortsinn ihr Haus bestellt. Sie hat den Ministeriumsmoloch State Department mit einem kleinen Führungskreis offenbar effektiv im Griff. Cheryl Mills, die einst Bill Clinton in seinem Amtsenthebungs-Verfahren verteidigt hat, ist ihre Stabschefin. Das Amt des Vizeministers hat sie zweigeteilt. Ihr Vertrauter Jim Steinberg ist für die Umsetzung der Politik zuständig. Jack Lew, Bill Clintons früherer Haushaltsdirektor, überwacht den Apparat und die Finanzen. Den Sonderbotschaftern für die Brennpunkte der Welt, allesamt außenpolitische Schwergewichte, lässt sie viel Spielraum - ohne aber den Eindruck entstehen zu lassen, dass nicht sie keinen Einfluss habe.

Und, das sollte man auch erwähnen, sie hat ihren Mann erfolgreich aus dem Geschäft herausgehalten. Ein bisschen Wahlkampf hat er gemacht, hier und dort eine Rede gehalten. Sonst aber ist der umtriebige Bill Clinton seit einem halben Jahr nicht weiter aufgefallen.

"Team der Rivalen"

Seit Clintons Berufung zur Ministerin durch Obama am 1. Dezember vergangenen Jahres gab es Spekulationen, dass beide über kurz oder lang aneinandergeraten müssten. Viel war vom "Team der Rivalen" die Rede. Doch bisher klappt die Zusammenarbeit erstaunlich gut.

Mindestens einmal die Woche ist Clinton zu einem Vier-Augen-Gespräch im Weißen Haus, normalerweise am Donnerstag. Immer wieder wird sie als "Teamspieler" oder "gute Soldatin" charakterisiert, die ihre Pflicht erfüllt. In der Washington Post lobte der Kolumnist David Ignatius Clinton gar als "Vorbild-Ministerin", die alles tue, um den Eindruck gar nicht erst aufkommen zu lassen, sie wolle die Autorität des Präsidenten untergraben. Trotz mehrerer Einladungen und Bitten aus dem Weißen Haus war sie erst einmal bei einer der sonntäglichen Fernseh-Shows, in denen Amerikas Politiker sich gemeinhin produzieren.

Den Präsidenten hat Clinton öffentlich verteidigt. Als die Republikaner Obamas Händedruck mit Venezuelas starkem Mann Hugo Chavez beanstandeten, faltete sie die Kritiker auf ihre bekannte Art zusammen: "Wir haben die vergangenen acht Jahre mit dem Versuch zugebracht, Chavez zu isolieren. Und was ist dabei herausgekommen?"

"Ehefrau nach saudischer Art"

Die Nähe zu Obama hat ihr indes auch Spott eingetragen. Erst an diesem Montag höhnte die Politklatsch-Kolumnistin Tina Brown, dass Obama Clinton wie eine "Ehefrau nach saudischer Art" halte und es für die Ministerin nun an der Zeit sei, "ihre Burka abzulegen".

Einen Kern Wahrheit hat diese Karikatur: Die Grundzüge der US-Außenpolitik werden im Weißen Haus fixiert. Clinton redet zwar mit, aber Vizepräsident Joe Biden hat ebenfalls gewaltiges Gewicht. Reginald Dale vom Center for Strategic and International Studies urteilt denn auch scharf: "Sie spielte bisher mehr im Bereich der außenpolitischen Öffentlichkeitsarbeit eine Rolle als bei der Formulierung der Politik."

Dabei gab es schon Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Administration, etwa über die Truppenverstärkung in Afghanistan. Biden wollte weniger als die nun entsandten 21.000 Soldaten schicken. Clinton hielt dagegen - und setzte sich durch. Auch sonst drängt sie Obama intern gern zu einem härteren Kurs, etwa in der Auseinandersetzung mit Iran oder bei der schwierigen Annäherung an Kuba. Das jedenfalls ist aus dem State Department zu hören.

Smart und effektiv

Nur einmal hat Clinton sich bisher verrannt, als sie davor warnte, dass Iran eine gigantische Botschaft in Nicaragua errichten wolle. An den angeblichen Plänen ist offenkundig nichts dran, wie Clintons Sprecher Anfang dieser Woche kleinlaut einräumen musste.

Clintons Ruf hat das erste halbe Jahr im Amt insgesamt genützt. Die frühere Senatorin gilt als smart und effektiv, durchsetzungsstark wie eh und je. Und ihr Image in der Öffentlichkeit hat sich grundlegend gewandelt: Die Frau, die noch vor Jahresfrist bei der Hälfte der Amerikaner heftigste Abwehrreaktionen hervorrief, hat in Umfragen Zustimmungsraten von mehr als 70 Prozent - deutlich mehr als der beliebte Präsident.

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