USA:Flynn: Trumps unvorsichtiger Sicherheitsberater

White House National Security Advisor Michael Flynn (C) arrives prior to a joint news conference between Canadian Prime Minister Justin Trudeau and U.S. President Donald Trump at the White House in Washington, U.S.

Am Montag nahm Michael Flynn noch als Amtsträger am Empfang des kanadischen Premiers teil.

(Foto: Carlos Barria/REUTERS)
  • Flynn soll im Dezember, als weder Trump noch er selbst offiziell im Amt waren, mit Russlands Botschafter Kisljak über die Aufhebung der Sanktionen gesprochen haben.
  • Auf die Affäre Flynn angesprochen, sagte Trump am Sonntag, er wisse darüber nichts. Am Dienstag teilte Sprecher Sean Spicer mit, dass Trump selbst Flynn zum Rücktritt aufgefordert habe.
  • Die Washington Post hatte noch am Montag berichtet, dass das Justizministerium das Weiße Haus bereits vor einiger Zeit informiert hatte, dass Flynn erpressbar sein könnte.

Von Sacha Batthyany, Washington

Es gibt ein Video, auf dem man Michael Flynn, der eben von seinem Posten als Sicherheitsberater zurückgetreten ist, auf einer Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump sieht. Flynn trat schon relativ früh an der Seite des heutigen Präsidenten auf. Er war, gemeinsam mit Jeff Sessions, dem neuen Justizminister, einer der wenigen hochkarätigen Namen, die sich hinter den damaligen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner stellten.

In diesem Video kritisiert er Hillary Clintons Umgang mit ihren E-Mails aufs Schärfste und forderte, sie einzusperren, weil sie sich strafbar gemacht habe. "Hätte ich nur ein Zehntel ihrer Betrügereien begangen, ich säße schon lange im Gefängnis", schrie er ins tobende Publikum.

Derselbe Michael Flynn, pensionierter Drei-Sterne-General, den Trump zu seinem Nationalen Sicherheitsberater ernannte und der sich über Clintons Naivität echauffierte, muss nun, nach nicht mal vier Wochen im Amt, den Platz räumen. Er soll im Dezember, als weder Trump noch er selbst offiziell im Amt waren, mit Russlands Botschafter Sergej Kisljak über die Aufhebung der US-Sanktionen gegen Moskau gesprochen haben. Etwa zur gleichen Zeit, als der scheidende Präsident Barack Obama neue Sanktionen gegen Russland verhängte.

Schon lange stand er im Verdacht, zu enge Kontakte zu Moskau zu pflegen

Flynn war, trotz steiler Karriere im Militär und den Geheimdiensten, von Beginn an umstritten. Er sei ein Scharfmacher, hieß es. Mehrmals fiel er durch islamophobe Äußerungen auf. Seit geraumer Zeit schon steht er im Verdacht, zu enge Kontakte nach Moskau zu pflegen. Er trat unter anderem als bezahlter Experte im staatsnahen russischen Fernsehsender Russia Today auf und saß während eines Galadinners neben Präsident Wladimir Putin. Wiederholt trat Flynn dafür ein, die Beziehungen mit Russland zu verbessern und gemeinsam die Terrormiliz Islamischer Staat zu bekämpfen, eine Forderung, die auch Trump vertrat.

Ähnlich wie Flynn hegt auch der amerikanische Präsident Sympathien für Putin und pries ihn mehrmals als "wahren Anführer".

Nach Darstellung des Weißen Hauses hat Trump seinen Sicherheitsberater zum Rücktritt aufgefordert. Es sei der Punkt erreicht worden, an dem der Präsident überzeugt gewesen sei, dass es einen Wechsel geben müsse, sagte Trumps Sprecher Sean Spicer am Dienstag. Bisherigen Informationen aus dem Weißen Haus zufolge hatte Flynn von sich aus um seine Entlassung gebeten. Mehrere US-Medien berichteten, Trump habe Flynn halten wollen.

Unverständlich ist, warum Flynn, einstiger hoher Funktionär in der US-Spionageabwehr, nicht vorsichtiger vorging. Er musste wissen, dass solche Gespräche oft abgehört werden. Er hat sich nicht nur strafbar gemacht, weil er zur Zeit des Telefonats mit Botschafter Kisljak noch nicht im Amt war und es US-Bürgern verboten ist, ohne entsprechende Legitimation mit einem anderen Staat zu verhandeln. Er hätte es den Russen allenfalls ermöglicht, ihn zu erpressen - weil er nicht die Wahrheit sagte. Moskau hatte die Macht, Flynn jederzeit auffliegen zu lassen, schrieb die Washington Post.

Flynn belog Vizepräsident Mike Pence

Der ehemalige General hat zudem Vizepräsident Mike Pence belogen. Im Gespräch mit Kisljak sei es nicht um Sanktionen gegangen, ließ Flynn noch vergangene Woche verlauten. Später sagte er, er könne sich nicht mehr genau erinnern.

Mit dem Rücktritt Flynns ist die Affäre um seine angebliche Nähe zu Moskau nicht vorbei. Demokratische Kongressmitglieder fordern eine unabhängige Untersuchung: Wie autonom handelte Flynn? Gibt es weitere Verstrickungen mit dem Kreml? Und was wusste sein Chef, Donald Trump, über Flynns Gespräch? Auf die Affäre Flynn angesprochen, sagte Trump noch am Sonntag, er wisse darüber nichts. Die Washington Post aber berichtete am Montag, dass das Justizministerium das Weiße Haus bereits vor einiger Zeit informiert hatte, dass Flynn erpressbar sein könnte.

Am Dienstag räumte schließlich auch Trumps Sprecher ein, dass der Präsident mehr als zwei Wochen lang über Flynns Telefonat informiert gewesen sei. Das Weiße Haus habe den Vorgang aber nicht als rechtliches Problem bewertet, sondern als eine Frage enttäuschten Vertrauens.

Als Sicherheitsberater hatte Flynn auch den Vorsitz des Sicherheitsrates inne, eines Gremiums, das die US-Außenpolitik entscheidend prägt. Sein Rücktritt fällt in eine turbulente Zeit, in der Trump laut über neue Einreisestopps nachdenkt, derweil Kim Jong-un, der Diktator Nordkoreas, Raketen abfeuert und die USA provoziert. An diesem Mittwoch ist zudem der Besuch von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geplant. Alles gewichtige Themen, die einen gut funktionierenden Sicherheitsrat verlangen.

Nationaler Sicherheitsberater wird übergangsweise der ehemalige General Keith Kellogg, 72, ein hochdekorierter Veteran des Vietnamkriegs und enger Vertrauter Trumps.

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