USA:Explosion der Gewalt in Baltimore

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Nach der Trauerfeier für einen Schwarzen, der in Polizeigewahrsam starb, brechen in der amerikanischen Ostküstenstadt Krawalle aus. Nun herrscht eine nächtliche Ausgangssperre.

Nach Straßenschlachten, Plünderungen und Brandstiftungen ist über die amerikanische Ostküstenstadt Baltimore der Ausnahmezustand verhängt worden. Die Krawalle brachen in der Nacht zum Dienstag nach der Trauerfeier für den 25-jährigen Schwarzen Freddie Gray aus, er war in Polizeigewahrsam gestorben. Mindestens 15 Polizisten wurden verletzt, zwei weitere Personen trugen der örtlichen Presse zufolge Schusswunden davon. Es handelt sich um die schwersten Krawalle seit denen in Ferguson im Sommer 2014.

Über Nacht beruhigte sich die Lage allmählich, aber die Schulen blieben am Dienstag geschlossen, es gilt eine einwöchige Ausgangssperre nach 22 Uhr. Die Bürgermeisterin der 620 000-Einwohner-Stadt, Stephanie Rawlings-Blake, sagte: "Zu viele Menschen haben über Generationen diese Stadt aufgebaut, um sie von Rowdys zerstören zu lassen." Der Gouverneur des Bundesstaates Maryland mobilisierte die Nationalgarde, Baltimores Polizeichef forderte, 5000 Polizisten zusätzlich in die Stadt zu entsenden. Die Randalierer haben die Polizisten mit Steinen und Flaschen beworfen oder griffen sie mit Stöcken an, sie zündeten Autos an und demolierten Polizeiwagen. Außerdem räumten Plünderer Geschäfte aus, ein Supermarkt und ein großes Gebäude wurden angezündet. In einigen Fällen wurden der Feuerwehr die Schläuche durchschnitten, als sie zu löschen versuchte. Die Polizei nahm Medien zufolge 200 Menschen fest.

Dem Gewaltausbruch waren mehrere Tage friedlicher Proteste wegen des Todes von Freddie Gray vorausgegangen. Der Pastor Jamal Bryant, der die Grabrede auf ihn hielt, hob hervor, Grays Familie habe sich gegen Proteste am Tag der Beerdigung ausgesprochen. "Ich rufe jeden jungen Menschen auf, nach Hause zu gehen", sagte Bryant.

Zu der Trauerfeier hatten sich zuvor rund 3000 Menschen in Baltimore versammelt. Viele schwarze Amerikaner sehen Gray als weiteres Opfer einer Serie von tödlicher Polizeigewalt gegen Schwarze. Gray war am 19. April, eine Woche nach seiner Festnahme, an schweren Rückenmarksverletzungen gestorben, die er möglicherweise auf der Fahrt zur Polizeiwache erlitt. Die genauen Umstände sind noch unklar. Videos zeigen aber, wie Polizisten Gray zu Boden drücken, bevor sie den vor Schmerz schreienden jungen Mann zu einem Polizeibus schleifen. Kurz darauf fiel er im Krankenhaus ins Koma. Laut dem Anwalt von Grays Familie war sein Rückenmark am Hals zu 80 Prozent durchtrennt. Die Behörden leiteten eine Untersuchung ein, sechs Polizisten wurden suspendiert.

Der schwarze amerikanische Bürgerrechtsaktivist Jesse Jackson hatte auf einer Pressekonferenz vor der Trauerfeier für Gray eine "Epidemie der Morde" in den USA beklagt. "Armut ist eine Massenvernichtungswaffe", warnte Jackson. Die Bevölkerung von Baltimore, das etwa 60 Kilometer von Washington entfernt liegt, ist überwiegend schwarz. Die Stadt ist stark von Arbeitslosigkeit, Armut, Gewaltkriminalität und Drogenproblemen betroffen, die Einwohnerzahl sinkt.

© SZ vom 29.04.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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