USA:Ein Hochstapler lässt sich zum Lob herab

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Wirbt in Utah für seine Wahl in den Senat: Mitt Romney. (Foto: Kim Raff/Bloomberg)

Trump wurde von seinem Gegner Mitt Romney ein Betrüger genannt, jetzt unterstützt der Präsident seinen Kritiker in Utah.

Von Christian Zaschke, New York

Dass Mitt Romney sich tatsächlich um einen Sitz im Senat bewerben würde, war den Beobachtern in Washington seit spätestens Anfang Januar klar. Damals nahm der 70 Jahre alte republikanische Politiker eine kleine, aber entscheidende Änderung an seinem Profil auf dem Kurznachrichtendienst Twitter vor. Als seinen Standort gab er nicht mehr den Bundesstaat Massachusetts an, wo er wohnte, sondern Utah - also jenen Staat, in dem er sich nun zur Wahl stellt. Es gehörte zum politischen Spiel in den Fernsehsendern, dass die Kommentatoren mit gespieltem Erstaunen darüber sinnierten, was das wohl bedeuten könnte, obwohl es vollkommen klar war: Romney würde antreten.

Nachdem er dies Ende der vergangenen Woche auch öffentlich verkündet hatte, ist in dieser Woche etwas wirklich Interessantes passiert, wiederum auf Twitter: Präsident Donald Trump hat Romneys Kandidatur ausdrücklich begrüßt. Dieser werde ein "großartiger Senator" sein, schrieb der Präsident, und ein "würdiger Nachfolger" des 83 Jahre alten Republikaners Orrin Hatch, der nach 40 Jahren als Senator nicht noch einmal zur Wahl antritt. Einerseits ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Trump republikanische Kandidaten unterstützt, andererseits ist er nicht bekannt dafür, Menschen zu loben, die ihn unter anderem als Hochstapler und Betrüger bezeichnet haben. Genau das aber hat Romney in der Vergangenheit getan.

Innerhalb der republikanischen Partei galt der prinzipientreue Mormone Romney zuletzt als eine Art Gegengift zum launischen Präsidenten. Als er 2012 in der Präsidentschaftswahl gegen Barack Obama antrat, gereichte es Romney noch zum Nachteil, dass er Mormone ist. Laut Umfragen war vielen Wählern die demonstrative Religiosität des Kandidaten suspekt. Nun scheint Romney mit seinem Glauben punkten zu können, weil die Wähler und auch seine Parteifreunde annehmen, dieser gebe ihm einen Kompass.

Romney hat sich für die Unterstützung des Präsidenten bedankt. Er schrieb, dass er hoffe, in den Monaten bis zur Wahl im November auch die Unterstützung der Menschen in Utah zu bekommen. Als eines seiner Hauptanliegen bezeichnete er, die "Werte von Utah" in den Senat nach Washington bringen zu wollen. Das klingt nach üblichem Wahlkampfgerede, lässt sich aber auch als neue, wenn auch leise Kritik an Trump lesen. Zu den Werten Utahs zählt laut Romney nämlich neben Höflichkeit und Verantwortung auch die Offenheit Einwanderern gegenüber. Trump ist gerade nicht für Höflichkeit bekannt, und die Einwanderung zu beschränken ist eines seiner wichtigsten politischen Ziele. Kaum eine Woche vergeht, in der der Präsident nicht davon spricht, jetzt endlich eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen zu wollen.

Als Romney seine Kandidatur in einem kurzen Film ankündigte, hat er Trump mit keinem Wort erwähnt. Auch das gefällt dem Präsidenten normalerweise nicht; er schätzt es, wenn ihm gehuldigt wird. Dass er Romney nun trotzdem seine Unterstützung zusagte, liegt auch daran, dass die Republikaner im Senat nur noch einen Sitz verlieren dürfen, um keine Mehrheit mehr zu haben. Trump braucht jede Stimme.

Dass er Romney als einen der schlechtesten Präsidentschaftskandidaten in der Geschichte der Republikaner bezeichnet hat, der unter dem Druck zusammengebrochen sei, ist daher nun einstweilen vergessen. Ebenso ist im Moment keine Rede mehr davon, dass Romney dem Präsidenten noch vor Kürzerem vorgeworfen hatte, dass dieser nicht im Einklang mit der amerikanischen Geschichte und den Werten des Landes stehe. Bis zu den Wahlen im November dürfte dieser Burgfrieden bestehen bleiben.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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