Wahlkampf in den USA:Donald Trump geht zum Arzt - vor laufenden Kameras

Donald Trump releases medical records for the first time to Dr. Oz on The Dr. Oz Show detailing the results of his most recent physical examination, in New York

Geht öffentlich zum Arzt: US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump in der "Dr. Oz-Show"

(Foto: REUTERS)
  • Über Clintons Gesundheitszustand wissen die Amerikaner seit vergangenem Jahr relativ genau Bescheid.
  • Nun hat sich der republikanische Kandidat Trump öffentlich im TV untersuchen lassen.
  • Davon erhofft er sich neue Wählerstimmen - insbesondere von Frauen.
  • Allerdings ist der Fernseharzt Dr. Oz, der ihn untersuchen soll, selbst Anhänger der Republikaner.

Von Hubert Wetzel, Washington

Wenn Donald Trump zum Arzt geht, soll ganz Amerika dabei sein. Deswegen bespricht der republikanische Präsidentschaftskandidat seinen Gesundheitszustand auch nicht unter vier Augen in einer Praxis in New York und gibt dann gegebenenfalls eine Pressemitteilung mit den Ergebnissen heraus, sondern er setzt sich in ein Fernsehstudio. In diesem Fall in das Studio von Mehmet Cengiz Öz, bekannt als "Dr. Oz" und Amerikas berühmtester Fernseharzt. Am Mittwoch wurde die Folge der "Dr. Oz Show" mit Trump als Gast aufgezeichnet, an diesem Donnerstag soll sie gesendet werden. Und Amerika wird zuschauen.

Über Donald Trumps Gesundheitszustand wissen die Wähler bislang weniger als über Hillary Clintons. Die Demokratin hat voriges Jahr immerhin ein relativ detailliertes zweiseitiges Schreiben ihrer Ärztin Lisa Bardack veröffentlicht, in dem diese ausführlich auf die Gehirnerschütterung und die Thrombosen eingegangen ist, die Clinton in den vergangenen Jahren Probleme gemacht haben. Und nach ihrem Kreislaufkollaps am Wochenende veröffentlichte Clinton weitere Unterlagen zu ihrer physischen Verfassung, um zu beweisen, dass sie gesund ist.

Von Trump gab es lange nur einen kurzen Brief seines Arztes Harold Bornstein - ein Schriftstück, das bei vielen Medizinern eher zu Stirnrunzeln und Belustigung geführt hat als zu Klarheit über Trumps physischen Zustand. In dem Brief bescheinigt Bornstein seinem Patienten, dass dessen Laborwerte bei der letzen Untersuchung "erstaunlich großartig" gewesen seien. "Seine physische Stärke und Kraft sind außerordentlich", lobt der Arzt.

Der Brief endet mit dem Satz: "Sollte er gewählt werden, so wäre Herr Trump, das kann ich ohne Einschränkung feststellen, der gesündeste Mensch, der je zum Präsidenten gewählt wurde." Da Dr. Bornstein wohl kaum zuvor die Akten aller 44 bisherigen US-Präsidenten durchgesehen hat, war das vielleicht eine etwas wagemutige Behauptung. Bornstein hat inzwischen zugegeben, den Brief eines Abends binnen fünf Minuten in den Computer gehackt zu haben. Er war in großer Eile - vor der Praxis wartete eine Limousine.

Am Donnerstag dann veröffentlichte die Trump-Kampagne einen weiteren, knapp eine Seite langen Brief von Dr. Bornstein. Trump sei in einem "exzellenten" gesundheitlichen Zustand, bescheinigt ihm darin der Arzt. Dazu sind dem Schreiben, das Trump auch in der Fernsehsendung bei Dr. Oz vorzeigt, einige Details über seinen Gesundheitszustand zu entnehmen. Demnach zeigten die Tests, dass Trump normale Cholesterinwerte habe genauso wie normalen Blutdruck, normale Leberwerte, auch die Schilddrüse funktioniere normal.

Oz ist Republikaner, er wird Trump nicht allzu hart anpacken

Aug 29 2012 New York New York USA First Lady Michelle Obama and Dr Mehmet Oz jump rope duri

Auch First Lady Michelle Obama hat Mehmet Öz schon im Fernsehstudio besucht, untersuchen ließ sie sich allerdings nicht.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Dr. Oz ist allerdings als Mediziner von einem anderen Kaliber als Dr. Bornstein. Der Sohn türkischer Einwanderer - ein gläubiger Muslim - ist nicht unumstritten, doch sein ärztlicher Werdegang ist hochkarätig. Oz hat in Harvard und an der University of Pennsylvania studiert, er ist Chirurgie-Professor an der New Yorker Columbia University und arbeitet am New York-Presbyterian- Hospital. Bekannt wurde er zunächst als Medizinexperte in der "Oprah Winfrey Show", wo er den Titel "Amerikas Arzt" verliehen bekam. Seit 2009 hat er ein eigenes tägliches Format - "The Dr. Oz Show".

Lästern

Der ehemalige US-Außenminister Colin Powell ist Opfer eines Hackerangriffs geworden. E-Mails des Republikaners, die am Mittwoch öffentlich wurden, offenbaren seine vernichtende Kritik an den beiden Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton. Powell bezeichnete Trump darin als "nationale Schande". Er spreche die schlimmsten Seiten der Republikaner und der weißen Mittelschicht an. Clinton kritisierte er für ihren Umgang mit der E-Mail-Affäre. "Alles was (Clinton) anfasst, macht sie mit ihrer Überheblichkeit kaputt", schrieb Powell. Sie habe es versäumt, die Vorwürfe rechtzeitig aus der Welt zu räumen. Die Demokratin hatte in ihrer Zeit als Außenministerin vorschriftswidrig einen privaten E-Mail-Server für ihre Kommunikation benutzt. Powell bestätigte dem Sender NBC News die Echtheit der gehackten Dokumente. DPA

Oz und seine Show haben seither mehrere Daytime Emmys gewonnen. Von den medizinischen Ratschlägen, die der Arzt im Fernsehen erteilt, sind freilich nicht alle Kollegen begeistert. Oz wirbt immer wieder für fragwürdige alternative Behandlungsmethoden und dubiose Ernährungszusätze. Eine Studie kam einmal zu dem Schluss, dass 54 Prozent seiner Ratschläge keine wissenschaftliche Grundlage hätten. Eine Gruppe von Kollegen der Columbia University forderte voriges Jahr in einem offenen Brief, Oz die Lehrbefugnis an der feinen und teuren Hochschule zu entziehen. Oz zeige "einen erheblichen Mangel an Integrität, indem er aufgrund persönlicher finanzieller Interessen unsinnige Behandlungs- und Heilungsmethoden bewirbt". Dass Oz mit seiner Show und seinen Büchern, allesamt Bestseller, sehr reich geworden ist, lässt sich kaum leugnen.

Die Show wird vor allem von Frauen geschaut. Das dürfte ein Grund sein, warum Trump sich für einen Auftritt bei Dr. Oz entschieden hat. Der Republikaner ist in dieser wichtigen Wählergruppe schwach, ohne seinen Stimmanteil bei weißen Frauen zu erhöhen, wird er die Präsidentschaft nicht gewinnen können. Insofern ist der Besuch bei Oz - jenseits aller medizinischen Details, die dort zur Sprache kommen - für Trump auch eine Gelegenheit, sich einem Millionenpublikum vorzustellen, das er mit seinen vielen Interviews bei Fox News nicht erreicht.

Zudem ist Oz Republikaner, er wird seinen Präsidentschaftskandidaten nicht allzu hart anpacken. Er werde keine Fragen stellen, die Trump nicht beantworten wolle, hat Oz vor der Aufzeichnung der Sendung bereits wissen lassen. Schließlich sei sein Fernsehstudio ja so etwas wie eine vertrauliche Arztpraxis.

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