Freihandelsabkommen TPP:Obama schielt auf asiatische Märkte

U.S. President Obama addresses joint news conference at the White House in Washington

US-Präsident Obama hat bei dem Freihandelsabkommen mit Asien sein politisches Erbe im Blick.

(Foto: REUTERS)
  • Ein Gesetzesentwurf im Kongress soll US-Präsident Obama weitreichende Vollmachten für ein Freihandelsabkommen mit asiatischen Staaten einräumen.
  • Gegenwind bekommt Obama vor allem von der eigenen Partei, die einen Verlust von Arbeitsplätzen fürchtet, wenn Unternehmen ihre Produktion ins Ausland verlagern.
  • Obama hatte eine Hinwendung der USA zum pazifischen Raum schon vor Jahren angekündigt.
  • Fraglich ist, wie sie sich Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton dazu positionieren wird, als Außenministerin hatte sie den Kurs unterstützt.

Von Nicolas Richter, Washington

Die Vereinigten Staaten öffnen sich nach Asien, wenn auch mit einigem Widerwillen: Ein umfangreiches Abkommen mit einem Dutzend Ländern soll Freihandel zwischen Pazifik-Anrainern ermöglichen und neue Standards für Arbeitsrecht und Umweltschutz festlegen.

Im US-Kongress haben sich Senatoren beider Parteien am Donnerstag auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der Präsident Barack Obama weitreichende Vollmachten gewähren würde, um den Vertrag auszuhandeln. Beide Parlamentskammern müssen dem Entwurf noch zustimmen. Widerstand droht vor allem aus Obamas eigener Partei, den Demokraten: Sie fürchten um Arbeitsplätze in Amerika.

95 Prozent der potenziellen Kunden von US-Unternehmen sieht Obama im Ausland

Das Trans-Pacific Partnership (TPP) wäre eines der umfangreichsten Handelsabkommen in der Geschichte der USA. Obama erhofft sich davon, dass amerikanische Unternehmen damit auf den internationalen Märkten konkurrenzfähiger sind, ihre Waren und Dienstleistungen also zu besseren Bedingungen anbieten können.

"In einer Zeit, da 95 Prozent der potenziellen Kunden außerhalb unserer Grenzen leben, müssen wir sicherstellen, dass wir, und nicht Länder wie China, die Regeln für die globale Wirtschaft schreiben", sagte Obama am Donnerstag. Parallel verhandeln die USA mit der Europäischen Union über einen eigenen Freihandelsvertrag namens Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP).

In die TPP-Länder verkauften die USA bereits 2013 Waren im Wert von 700 Milliarden Dollar

Sollte der Kongress den neuen Gesetzentwurf billigen, würde es die Gespräche der Pazifikgruppe erheblich erleichtern. Der Präsident erhielte damit eine Verhandlungsvollmacht; der Kongress müsste den fertigen Vertrag danach zwar genehmigen, allerdings könnte er dann nur Ja oder Nein sagen, nicht Details verändern.

Zur TPP-Gruppe gehören mehrere Länder auf dem amerikanischen Kontinent, die USA, Kanada, Mexiko, Peru und Chile; auf der anderen Seite des Pazifiks wiederum Australien, Neuseeland, Malaysia, Singapur, Brunei, Vietnam und Japan. Nach Angaben der US-Regierung bilden diese Länder bereits heute den größten Exportmarkt für amerikanische Firmen, im Jahr 2013 verkauften sie dort Waren im Wert von knapp 700 Milliarden Dollar, beinahe die Hälfte aller US-Warenexporte.

Gegengewicht zu China

Ohne Zweifel käme TPP globalen US-Konzernen zugute. Vor allem die Landwirtschaft sowie die Technik-, Pharma-, und Versicherungsbranchen würden profitieren. Obama führt auch amerikanische Werte ins Feld: Künftig würden in allen TPP-Ländern die gleichen Standards gelten, insbesondere in Arbeits- und Umweltfragen. Dies stelle sicher, dass die Firmen aller Länder nach denselben Regeln spielten.

Vor allem aber möchte Obama ein Gegengewicht gegen China bilden, die dominante Wirtschafts- und Militärmacht in Asien. Gewerkschaften und Umweltschützer in den USA allerdings beklagen, dass große Hoffnungen in solche Abkommen meist enttäuscht wurden. Als jüngstes Beispiel gilt der Nafta-Vertrag zwischen den USA, Kanada und Mexiko, den Präsident Bill Clinton (wie Obama ein Demokrat) 1994 durchsetzte und der Zölle zwischen den drei Ländern abschaffte. Manche Firmen verlegten daraufhin Teile ihrer Produktion von den USA nach Mexiko. Die US-Gewerkschaften befürchten, dass auch diesmal wieder Arbeitsplätze verloren gehen und die Löhne gedrückt werden.

Obama ist auf die Stimmen der Republikaner im Parlament angewiesen

Obama hat mit TPP sein politisches Erbe im Blick, er hat oft eine Neuausrichtung der USA nach Asien angekündigt, das Abkommen wäre in dieser Hinsicht sein größter Erfolg. Doch er stellt sich damit auch gegen die eigenen Unterstützer. Im Kongress soll die Mehrheit der demokratischen Abgeordneten und Senatoren das breite Verhandlungsmandat ablehnen. Obama ist deswegen auf die Stimmen der Republikaner im Parlament angewiesen.

Das Unbehagen der Demokraten zeigt sich auch an den Bedingungen, mit denen sie die Verhandlungsvollmacht versehen haben. So hat der Senator Ron Wyden mehr Transparenz gefordert, ferner sollen die Unterhändler auch Menschenrechte ansprechen. Schließlich verlangt Chuck Schumer, der einflussreichste demokratische Senator, ein Zusatzabkommen gegen Währungsmanipulation; es soll die Handelspartner daran hindern, ihre Preise künstlich niedrig zu halten.

Während sich Obama keiner Wahl mehr stellen muss, dürfte der Streit um TPP vor allem für Hillary Clinton zum politischen Problem werden. Die Demokratin möchte Obama Anfang 2017 im Weißen Haus nachfolgen und wird nun ihre Haltung zum Freihandel erläutern müssen. Falls sie das Abkommen befürwortet, bringt sie die Parteibasis gegen sich auf. Falls sie das Abkommen ablehnt, widerspricht sie nicht nur Obama, sondern sich selbst: Als Außenministerin von 2009 bis 2013 hat sie die pazifische Handelszone befürwortet.

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