USA:Bühne frei für Donald Trump

In der kommenden Woche wollen die Republikaner den Milliardär und Immobilieninvestor zum Präsidentschaftskandidaten küren - seine Widersacher haben resigniert.

Von Hubert Wetzel, Washington

Amerika ist tief gespalten, die Gesellschaft so zerrissen und uneinig wie seit einem halben Jahrhundert nicht mehr - und die Republikaner werden in der kommenden Woche den umstrittensten Kandidaten der vergangenen Jahrzehnte für die Präsidentenwahl im November aufstellen. Das ist der politische Hintergrund, vor dem am Montag in Cleveland der republikanische Wahlparteitag beginnt, bei dem der populistische New Yorker Immobilieninvestor und Milliardär Donald Trump formell zum Präsidentschaftskandidaten der Partei gewählt werden soll.

Zwar gibt es immer noch Widerstand in der Partei gegen Trump. Doch dass seine Wahl noch verhindert werden kann, ist sehr unwahrscheinlich. Die meisten Gegner von Trump - darunter republikanische Größen wie die Bush-Familie - besuchen den Parteitag nicht und überlassen damit Trump und seiner Entourage die Bühne. Unter den Hauptrednern ist bisher keiner, von dem ernsthafte Kritik an Trump zu erwarten wäre.

Trump hat sich in einem rücksichtslos geführten parteiinternen Wahlkampf an die Spitze geboxt, den er nun vermutlich gegen die Demokratin Hillary Clinton fortsetzen wird. Seine Gegner Marco Rubio und Ted Cruz hat er als Schulbuben und Lügner lächerlich gemacht, als "Little Marco" und "Lyin' Ted"; Clinton nennt er stets nur "Crooked Hillary", übersetzt etwa: die kriminelle Hillary. Er hat damit das Niveau der politischen Auseinandersetzung in den USA, die seit Jahren immer giftiger und unversöhnlicher wird, auf ein neues Tief abgesenkt - ein Grund, warum etliche respektierte republikanische Senatoren nicht nach Cleveland reisen, sondern (nach eigenen Angaben) lieber daheim angeln oder den Rasen mähen werden. Mit ihrem Präsidentschaftskandidaten wollen sie nicht gesehen werden.

Nicht nur in seiner Partei, auch in der Gesellschaft hat Trump Streit und Spaltung gesät. Millionen legale und illegale Einwanderer aus Lateinamerika bezeichnete er pauschal als Kriminelle und Vergewaltiger, die er abschieben werde. Als Reaktion auf islamistisch motivierte Attentate kündigte er an, Muslimen die Einreise in die USA zu verbieten - eine Idee, die Trumps Vizekandidat Mike Pence, der konservative Gouverneur von Indiana, als illegal und unsinnig bezeichnete.

Donald Trump

Trump hat sich in einem rücksichtslos geführten Wahlkampf an die Spitze geboxt, den er nun vermutlich gegen die Demokratin Hillary Clinton fortsetzen wird.

(Foto: AP)

Auch die jüngsten Gewalttaten zwischen Weißen und Schwarzen hat Trump vor allem genutzt, um Clinton und Präsident Barack Obama Führungsschwäche vorzuwerfen, implizit die Angst der Weißen vor schwarzen Kriminellen zu schüren und sich selbst als der Kandidat für Ordnung und Sicherheit darzustellen. In keiner seiner Reden hat Trump bisher erklärt, wie - oder überhaupt dass - er die tiefen Gräben in den USA zwischen Armen und Reichen, Weißen und Minderheiten, Rechten und Linken zuschütten will. Trump sticht damit sogar von einem so umstrittenen Republikaner wie George W. Bush ab, der in seinen Wahlkämpfen zumindest den Anspruch formulierte, Präsident aller Amerikaner sein zu wollen. Von Obamas ständigen Appellen an die Gesellschaft zu Versöhnung und Zusammenhalt ist Trump meilenweit entfernt.

Trotzdem könnte Trump die Präsidentenwahl gewinnen. Jüngste Umfragen sehen ihn landesweit und in wichtigen Bundesstaaten mit Clinton gleichauf oder in Führung.

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